Dr. med Ferenc Hoffmann

‘Herr Dr. Hoffmann’ (die korrekte Anrede) ist ein etwa 1.85 m großer Mann in den besten Jahren. Das langsam ins Silbergraue sich färbende Haar ist sorgsam über die kahleren Stellen seines Kopfes gelegt, die ihn älter wirken lassen als seine meist interessiert blickenden braunen Augen schätzen ließen und er macht alles in allem einen sehr gepflegten Eindruck. Auch im Kleidungsstil immer ordentlich, wenn auch vielleicht nicht ganz nah an der Mode strahlt er auf den ersten Blick bereits eine gewisse Erfahrung und Autorität aus.

Während er bei öffentlichen Anlässen stets im schwarzen Anzug mit gestärktem, weißem Hemd, Schlips, Homburg und schwarzen (selbstverständlich polierten) Schuhen, häufig ergänzt mit Handschuhen und Gehstock (auch wenn er ihn rein körperlich nicht zu benötigen scheint) erscheint, tritt er in privaterer Gesellschaft durchaus auch einfacher gekleidet auf, dann meist in jenem amerikanisch-legeren Stil, der auch in Deutschland inzwischen vermehrt anzutreffen ist.

Kommt man mit Herrn Dr. Hoffmann ins Gespräch zeigt sich neben einer offensichtlichen östlicheren Abstammung (erkennbar am stark gerollten ‘r’), eine große Welt- und Wortgewandtheit, er ist sehr vielseitig interessiert, reist gerne und hat auch ein gewisses Talent zum Erzählen.

"Was sagen sie? Keuchender Husten? Und manchmal ein Brodeln beim Atmen? …Das klingt nach einem Lungenödem, damit ist nicht zu spaßen! Ist ihnen in letzter Zeit öfters eine vorrübergehende Schwäche aufgefallen, wird ihnen hin und wieder schwarz vor Augen?“

„Oh ja, diese Früchte, konserviert über tausende von Jahren! Ein unberührtes Grab, das war eine wahrlich große Entdeckung… und wird sicherlich noch einige Auswirkungen auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse haben… erst kürzlich schrieb er mir von einem weiteren interessanten Fund, Stoffreste an einem Bettgestell, die das selbe Muster zu haben schienen wie die Tagdecke seiner werten Frau Mutter Bett!“

AW: Dr. med Ferenc Hoffmann

Ein Brief an Ferenc Hoffmanns guten Freund Albert (Einstein):

Mein lieber Albert,

Schon länger haben wir nichts mehr voneinander gehört und auch wenn es mir meine Zeit verbat dir zu schreiben, bin ich nicht bereit diesen Umstand länger zu halten. Nach deinem letzten Brief war ich etwas erstaunt, dass du plantest den Aufenthalt in Paris zu verlängern, nachdem du meintest diese Menschen nicht zu verstehen. Oder ist es doch nur das Essen? Und wie geht es Elsa? Hat sie ihre Zweifel überwunden?

Ich muss dir wirklich danken für die Aufgabe, die du mir gestellt hast, sie hat mich für Wochen von der Tristesse des Alltags abgelenkt. Ich habe dir meinen Lösungsansatz beigelegt, in der Hoffnung die richtige Idee gehabt zu haben. Ich freue mich bereits auf neue Rätsel von dir!

Von einem weiteren Ereignis sollte ich dir wohl berichten: Der Gönner unseres Freunds Carter, Lord Carnarvon ist unter seltsamen Umständen verstorben wie du sicher weißt, die Zeitungen schrieben vom Fluch der Mumie. Carter selbst erzählte mir bei seinem letzten Besuch von den genaueren Umständen und den Ereignissen an den Grabungsstätten (er schien seelisch sehr erschöpft, trotz seines großen Funds vor 9 Monaten). Die Ägypter scheinen schon Angst zu haben mit ihm zu arbeiten, so sehr hat sich der Aberglaube bei ihnen festgesetzt, er hätte den Geist des Königs geweckt und verärgert.

Aber was ich sagen will: Ich habe mich bemüht, mehr über die Gefahren Ägyptens zu erfahren und er sprach von den Mücken, die dort in Fluss- und Menschennähe zu tausenden durch die Lüfte schwirren und den Leuten das Leben schwer machen. Ich bekomme die Idee nicht aus dem Kopf, dass eine durch Mückenbiss übertragene Krankheit hinter dem ‚Fluch’ steckt. Aber leider fehlen mir sowohl Quellen als auch Beweise.

Umfasst dein weitläufiger Bekanntenkreis auch Doktoren der Biologie, die sich mit ähnlichem auseinander gesetzt haben? Ich habe bereits mit meinem Mentor Professor Richet gesprochen, er versprach sich umzuhören. Er schien auch überaus erfreut darüber, dass du ihn in Paris besucht hast, er konnte sich in seiner Erzählung kaum zügeln! Ich soll dir auf diesem Wege seine herzlichsten Grüße ausrichten.

In nächster Zeit werde ich Berlin wohl ein wenig hinter mir lassen und Deutschland bereisen, besonders der Süden würde mich interessieren, vielleicht statte ich deiner Geburtsstadt auch einen Besuch ab (muss ich doch zu meiner Schande gestehen Buchau noch nie gesehen zu haben). Auch hat mich Alfred (Adler, der Psychologe, nicht Döblin) zu einer kleinen freundschaftlichen Diskussionsrunde nach Wien eingeladen und so ‚treibt‘ es mich regelrecht heraus aus Berlin.

Ich hoffe auch dich überkommt bald wieder das Heimweh, auf das wir uns in nicht zu ferner Zeit wiedersehen,

dein Ferenc

AW: Dr. med Ferenc Hoffmann

Wir schreiben das Jahr 1922. Zu sehen ist das Kaminzimmer eines älteren Stadthauses im noch recht neuen Berliner Bezirk Charlottenburg. Der Raum, mit dunkler Holzvertäfelung ausgestattet, scheint gleichzeitig die Bibliothek zu beherbergen, wie die an zwei Wänden eingefügten Bücherschränke erkennen lassen. In der Mitte des Raumes, zwischen der Tür und dem Kamin stehen 2 hohe gepolsterte Ohrensessel und eine bequeme Couch mit Platz für weitere zwei Personen. Links des Kamins befindet sich ein weiterer kleiner Schrank mit Glasfront, der offensichtlich verschiedene Spirituosen und die dazugehörigen Gläser für eine gesellige Runde beinhaltet. In einem der Sessel sitzt Dr. Ferenc Hoffmann, seine Pfeife in der einen Hand, während ihm gegenüber im anderen Polsterstuhl hat ein Mann mittleren Alters Platz genommen, nachdem er seinen Zylinder an den Hutständer hinter der Tür gehängt hat.

„Einen wunderschönen guten Abend Herr Baumann. Wie geht es Ihnen? Und der Frau Gemahlin?“

Mit einem freundlichen Nicken begrüßt Dr. Hoffmann den Gast.

„Auch Ihnen einen guten Abend. Gut, gut, wir planen eine kleine Ausfahrt die nächste Woche…“

„Ich danke Ihnen für ihr Kommen und möchte mich für die kurzfristige Einladung entschuldigen…sie verstehen sicher…die Zeit. Wollen sie etwas trinken? Diesen Cognac kann ich wärmstens empfehlen, ein Geschenk aus Frankreich. Wundervolles Aroma.“

„Oh ja, danke sehr. Wie geht es Ihnen? Wie läuft die Praxis?“

Hoffmann erhebt sich kurz, um Herrn Manfred Baumann ebenfalls ein Glas zu bringen.

„Gut ebenfalls. Es läuft, wie es soll, krank ist schließlich immer jemand. Trotzdem denke ich, ich lasse es etwas ruhen und bereise unsere schönen Lande, so es mir noch möglich ist. Herr Dr. Bleicher hat angeboten meine Patienten zu übernehmen…kennen Sie ihn?..Naja auch nicht so wichtig.“

Lächelnd schenkt er ihm den Cognac ein.

„Wenn Sie rauchen wollen, tun sie sich keinen Zwang an, erlaubt ist was ausser uns keiner sieht.“

Hoffmann setzt sich, mit einem kurzen Lachen wieder und blickt dann etwas ernster zu Baumann.

„Wie läuft es mit dem Schreiben? Ich hörte bei meinem letzten Besuch bei Herrn Radolf, dass auch Sie ein Manuskript eingereicht hätten? Um was soll es diesmal gehen?“

Baumann antwortet, sich ein Lächeln nicht verkneifen könnend.

„Nunja, geheim scheint in meinem Verlag wenig zu bleiben… Es soll eine Fortsetzung sein. Sie erinnern sich wohl noch an den Schluss des letzten Buches? Wie der junge Leutnant den wahrscheinlich letzten Angriff beginnt? Nun danach soll dieser Teil einsetzen. Ich dachte an eine Gefangenschaft, einige Irrungen und Wirren, bis er schließlich wieder in die Heimat zurückkehrt. Er wird sich mit dem neuen System auseinandersetzen müssen… er wird sicherlich eine Familie gründen, allerdings frage ich mich, ob er aus der Wehr austreten sollte oder nicht. Beides würde interessante Aspekte bieten…“

Er nimmt einen Schluck und fährt dann fort:
„Aber ich glaube kaum, dass Sie mich eingeladen haben um über meine Werke zu sprechen? Wie geht es denn bei Ihnen? Seit Ihrer letzten Geschichte ist nun auch schon einige Zeit vergangen, abgesehen von gelegentlichen Zeitungsveröffentlichungen. Obwohl auch diese hochinteressant waren. Sehr pointiert. Und ich glaube kaum, dass Ihnen Ideen für weitere Geschichten fehlen, nicht wahr?“

„In der Tat ist es mehr die Zeit. Aber ich denke, wenn ich nun etwas herumreise, werde ich auch wieder mehr Muse finden zu schreiben. Ich dachte darüber nach, eine lose Sammlung an Geschichten über das Reisen selbst zu schreiben…oder zumindest eine Geschichte…was glauben Sie? Ich habe bisher wenig satirisches über das genießen seiner freien Zeit auf Reisen gelesen, so scheint es zumindest ‚neu‘ zu sein. Aber wird man es lesen?“

Hoffmann führt seine Gedanken aus, während er seine Pfeife neu stopft. Baumann zieht ein letztes Mal an seiner Zigarre, bevor er diese in einem kleinen Aschenbecher ausdrückt.

„…Ich denke, wer Sie kennt wird es sicher lesen, und wem es zufällig in die Finger kommt…Ich denke ich kann auf Ihr schreiberisches Talent vertrauen, wenn ich sage, er wird danach auch alle anderen Werke von Ihnen verschlingen.“

Lächelnd blickt Baumann zu Hoffmann.

„Ich danke Ihnen für die guten Worte, aber ich muss doch nach Ihrer ernsten Meinung fragen: Wird man es lesen?“

Der Arzt kann sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen während die Mundwinkel des Verlegers ein deutliches Lächeln zeigen.

„Nun ich will ihnen ehrlich antworten: Ich weiß es nicht. Gott weiß, aber wird er es wohl für sich behalten. Aber Sie haben Talent und auch schon eine gewisse, wenn auch kleine, Stammleserschaft. Es ist sicherlich einen Versuch wert.“

„Ich danke Ihnen. Oh, darf ich Ihnen noch einige einleitende Zeilen zeigen, die ich plane an eine andere Geschichte anzufügen? Und vielleicht noch ein Gläschen Cognac?“

Hoffmann erhebt sich kurz, Baumann neu einschenkend und begibt sich dann zu einem der Bücherschränke entnimmt diesem eine Mappe und reicht aus dieser Baumann ein Blatt.

‚ Es lässt sich nicht leugnen, dass dank der sogenannten „Antibiotika“ sehr viele Patienten, die noch vor wenigen Jahren gestorben wären heute am Leben bleiben und dass andererseits sehr viele Patienten die noch vor ein paar Jahren am Leben geblieben wären…aber wir wollen ja konstruktiv sein.‘

„Hat ihr Lektor ihnen diese Geschichte schon vorgelegt? Es geht um die ‚Möglichkeiten‘ der medikamentösen Behandlung und ihrer Folgen. Mein Titelvorschlag war ‚Necrolog für den Autor‘“

„Ich glaube nicht…Ich werde mich aber dieser Tage noch darum bemühen… Ich danke Ihnen für Ihre Einladung und das Gespräch, aber ich denke es wird Zeit, dass ich mich nach Hause begebe, die Arbeit ruft mich doch allzu früh wieder aus dem Bett…“

Der Verleger nimmt einen letzten Schluck und blickt aufbruchsbereit zu ‚seinem‘ Autor. Beide erheben sich und Hoffmann begleitet Baumann zur Tür.

„Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend. Und meine besten Empfehlungen an die Frau Gemahlin!“

„Ihnen ebenso…und melden Sie sich noch einmal, bevor Sie sich auf Reisen begeben!“

Nickend und lächelnd reicht Hoffmann dem Verleger die Hand bevor dieser in seinen Wagen steigt.

Zitat (Antibiotika) und Titel der Geschichte sind tatsächlich existent (geschrieben von Ephraim Kishon). Die Figur Ferenc Hoffmann ist fiktional, basiert aber in Aspekten auf einer realen Person, der Verleger Manfred Baumann ist komplett fiktional