DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Ich habe mich in letzter Zeit nochmal etwas intensiver mit den in DSA möglichen Charakteren beschäftigt und habe dabei einen Eindruck gewonnen, den ich hier gerne zur Diskussion stellen würde:

Mein Eindruck ist, dass DSA zwar eine unglaubliche Breite an möglichen Kulturen und Professionen bietet, diese jedoch teilweise nur schwer längerfristig in einer Heldengruppe vorstellbar sind. Zwar sind für alle speziell zugeschnittene Abenteuer denkbar, aber an deren Ende besteht das Problem dann erneut.

Bei vielen der möglichen Paketen fällt es mir äußerst schwer, eine Motivation zu finden, sich für längere Zeit eine Gruppe von Herumtreibern anzuschließen und als Aufgabe anzunehmen, was da gerade kommt. In diese Gruppe fallen für mich die meisten Elfen, Achaz, Orks, Goblins, viele Geweihte und Ordensangehörige, aber auch einge der wilden Völker. Diese sind alle hervorragend für Abenteuer in ihrer nativen Umgebung oder im Auftrag ihrer Orden denkbar, aber eben kaum für eine klassische Abenteurergruppe. viele dieser Charaktere werden auch, da DSA nicht so fantasydurchzogen ist wie andere Welten, von der Mehrheit der Bewohner mit Misstrauen betrachtet und sind daher in manchen Gegenden allein aufgrund ihrer Rasse ständig bedroht - oder zumindest höchst auffällig und verdächtig.

Anders stellt sich das bei einigen der “normalen” Professionen dar: Gerade die vielen Handwerker und Bauern sind da meiner Meinung nach gute Beispiele. Für diese Charaktere lassen sich leicht Motivationen finden, um durch die Gegend zu ziehen - sei es die Suche nach neuem Meistern, sei es Geldmangel, … Allerdings gleichen sie sich im Laufe ihrer Abenteuer einander immer mehr an - die Unterschiede, die ihre Berufsausbildungen mit sich brachten, verschwinden im Laufe der Zeit immer mehr, da das Erlernte immer weniger angewandt wird. Da stelle ich mir folglich die Frage, ob diese unterschiedlichen varianten tatsächlich unterschiedlich genug sind, um als alternative Möglichkeiten geführt zu werden.

Schlussendlich scheint sich mir die große Auswahl in der Praxis aus eben diesen Gründen ziemlich schnell zu reduzieren. Ich beobachte das auch in meiner Gruppe:
Aus der Fülle der Möglichkeiten haben wir einen Jäger, einen Thorwaler (Seemann), einen maraskanischen Meuchler (auf Basis eines Söldners?), eine Schwertgesellin, noch einen Schwertgesellen, einen Magier und einen Hexer. Gelegentlich hatten wir auch noch den ein oder anderen Exoten in unserer Mitte (z.B. Golgariten / Trollzacker Stammeskrieger), die gut gespielt schon den Gruppenzusammenhalt auf eine harte Probe stellten.

Daher jetzt die Frage:

Habt auch ihr den Eindruck, dass von den vielfältigen Möglichkeiten, die DSA 4 beitet nur eine bescheidene Anzahl wirklich längerfristig plausibel in einer Heldengruppe spielbar sind und wie geht ihr damit um.

AW: DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Nun, ich denke, dass man eigentlich nahezu alles auch auf Dauer in einer Gruppe spielen kann. Allerdings muss man bei dem ein oder anderen Char einen wirklich passenden Hintergrund finden.
Beim Elfen z.B. wäre der Ausstoss aus der Sippe eine Möglichkeit. Der Elf freundet sich danach mit einigen aus der Gruppe an und sieht in ihnen so etwas wie eine “Ersatzfamilie”. Trotz aller Gegensätze und Vorurteile. Aber er fühlt sich in der neuen und fremden Welt verloren und braucht so etwas wie einen “Rettungsanker” an den er sich klammern kann.

Natürlich gäbe es auch noch andere nachvollziehbare Hintergründe. Letztlich sollte man aber für jeden Char so etwas basteln können. Bei einigen dürfte es halt nur etwas “schwieriger” werden.

Und wenn alles nicht fruchtet, gibt es ja noch die Notlösung: Der Char behält die wahren Gründe, warum er mit der Gruppe auf Abenteuerfahrt geht, für sich. Etwas liegt in seiner Vergangenheit, dass er allerdings für sich behalten möchte. Und selbst der Spieler kennt diesen “dunklen” Punkt nicht. Letztlich muss der Spieler nur mit dieser Notlösung leben können. Ist dies der Fall, kann er ohne Probleme selbst den unpassendsten Char in einer Runde darstellen.

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Man muss für Exoten halt keine einzelnen Abenteuer kreieren, sondern direkt ganze Kampagnen. Ich kann mir sehr gut einen Ork vorstellen, der von irgendeiner bösen Macht erfährt, sich berufen fühlt diese zu bekämpfen und dazu auch bereit ist sich mit anderen Rassen zusammenzutun. Man muss sich dann allerdings darauf einstellen, dass man dann niemals in “zivilisierte” Gegenden vordringen kann.
In Gruppen, wo hauptsächlich gekaufte ABs gespielt werden verbietet sich sowas natürlich. Ich wollte ja auch schon immer mal nen Goblin spielen, hatte aber auch noch nicht die Gelegenheit dazu.
Natürlich gibt es noch die Möglichkeit, die Gruppe so aufzubauen, dass die Mittelländer die “Exoten” darstellen, man also 5 Nivesen auf einem Haufen spielt. Das wird allerdings wieder eine selbst erfundene Kampagne vorraussetzen.
Dass sich die Charaktere irgendwann ähneln kann man als SL aber auch dadurch verhindern, dass man öfter auf Talente testen lässt, die man normalerweise nicht in einem AB erwartet und die üblichen etwas in den Hintergrund treten lässt. Wenn in einer Kampagne nicht viel gekämft wird, werden sicher weniger APs in diesen Bereich investiert. andererseits hängt es auch von den Spielern ab. Z.B. Vitus investiert IMMER in Talente, die man eigentlich nicht braucht.
Das ist natürlich alles eher Geschmacksache, aber ich habe auch schon viele Stunden gespielt, ohne eine AT zu würfeln. Ehrlich gesagt habe ich in die letzten Abenteuer, die ich mir erdacht habe die Kämpfe mehr oder weniger “künstlich” inszeniert um den/die Kämpfer auf ihre Kosten kommen zu lassen. Das hat den schönen beigeschmack, dass man die Charaktere, die in solchen Szenen nur stören außen vor lassen kann. Dann dauert die Szene nicht so lange und die Spieler, die sich dabei langweilen, werden schneller wieder in die Geschichte involviert. Sollte man aber nur machen, wenn die Gruppenzusammensetztung dazu passt.

@Voltan

Leider sind die Gründe, weswegen sich ein Elf (oder Waldmensch oder Nivese etc.) von seiner gewohnten Lebensweise und seinen Verwandten entfernt irgendwann ausgeschöpft, so dass irgendwann jeder 3. Exot einen sehr ähnlichen Hintergrund besäße.

Bleibt tapfer,

puck

AW: DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Die Exoten sollen auch Exoten bleiben! Deshalb sind es ja Exoten. Wenn in jeder Heldengruppe Achaz und Trollzacker vorkommen, dann stimmt was nicht. Solche Typen sind in Aventurien eher selten anzutreffen.

Natürlich kann man sich zu jedem Exoten eine gute und vor Allem plausible Hintergrundgeschichte ausdenken, und dann kann das auch Sinn machen. Aber diese Leistung sollte vom Spieler schon erbracht werden, um einen Exoten spielen zu können. Der durchschnittliche Abenteurer, der keine solche ganz spezielle Hintergrundgeschichte braucht, ist eben leichter zu erstellen.

AW: DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Den ich persönlich für keine so gute Wahl halte, auch, aber nicht nur, weil er extrem ausgelatscht ist…

Das ist aber schon eine ziemliche Notlösung, so das Kaliber “Keine Ahnung was der Pinguin in der Wüste sucht, aber ich wollte mal was schwarz-weißes sehen…” Und es hilft nicht dabei, dass der Charakter dann vermutlich nicht in die Gruppe passt.

Dann wären wir aber bei Gruppen nach Konzept, die in einem anderen Thread recht einmütig verworfen wurden.

Ich meinte auch nicht das Ähneln von Wildnischarakter und Sozialcharakter, sondern dass mMn eine Scheinvielfalt durch die vielen verschiedenen Bauern (um beim beispiel zu bleiben) erzeugt wird, die sich nach ein paar hundert Erfahrungspunkten schon gleichen. Einfach, weil die sich schon nach der Erschaffung kaum unterscheiden.

Aber sind sie dann eine echte Alternative bei der Entscheidung für einen Charakter oder nur schmückendes beiwerk im Regelbuch?

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Dann wären wir aber bei Gruppen nach Konzept, die in einem anderen Thread recht einmütig verworfen wurden.

Teilweise muss ich dir da recht geben, nämlich bei den 5 Nivesen. Aber nur weil man sich einigt eher im Norden zu bleiben, führt noch lange noicht zur Konzeptgruppe. Vielleicht war mein Begriff Zivilisation falsch gewählt. Ich meinte damit nicht jeglichen menschlichen Zusammenschlüsse, sondern diejenigen, die sehr gut organisiert sind. Im Sveltschen Städtebund wird man als Ork wohl keine großen Nachteile haben und die kleinen Stadtstaaten werden auch nicht so schlimm sein, man sollte sich halt von Nostria, Andergast, dem Mittelreich und dem Bornlan fern halten. Das gibt aber noch genug Raum für “Stadtabenteuer”, wo man als Ork, Orklandachaz oder Goblin involviert werden kann.

Bleibt tapfer,

puck

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Sie sind eine Alternative. Aber eine, die eben nicht so ohne Weiteres zu realisieren ist, und das aus gutem Grund. Man sollte sich schon was einfallen lassen, um so einen Typ zu spielen. Es sollte nicht der Normalfall sein. Gerade bei Elfen, Zwergen, Achaz und Trollzackern habe ich so gewisse Zweifel, ob die wirklich spielbar sind oder nicht eher Meisterfiguren. Aber wie das eben so ist im Leben: Ausnamen bestätigen die Regel :slight_smile:

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@sonic:
Deshalb ja auch nur als Notlösung. Ich selbst könnte damit auch nicht leben…

Im übrigen gebe ich Siegfried in gewisser Weise recht. Eine Gruppe voller Exoten ist einfach irgendwie blöd…Besonders, wenn es völlig unterschiedliche Exoten sind.
Wenn jeder in der Runde eine 20-Seiten lange Erklärung dafür braucht, warum er von seiner Sippe, Dorf, Verband, Familie usw. verstossen wurde, wirkt das irgendwie fade.

Da vermisse ich die einfachen Söldner, Krieger, Ritter, oder selbst Magier usw. die ohne ellenlange Hintergrundgeschichte ins Abenteuer ziehen.

AW: DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Preiset die Schönheit, Bruderschwestern!

Nun, ich denke es liegt am Meister, dafür zu sorgen, dass Exoten ihre “Momente” und ihre Situationen bekommen, damit sie Exoten bleiben können. Nur wenn ein Charakter seine besonderen Talente nutzen kann, kann er sie auch sinnvoll steigern. Nur wenn ein Exot auch ein Exot bleiben kann, wird er sich nicht langfristig zu einen Normalo verwandeln. Nach meiner Meinung liegt also all dies nicht an der Auswahl der Helden, sondern an den Möglichkeiten, die der Meister seiner Gruppe bietet!

Gruß
Graf Albin

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Nicht alle Spieler nutzen für lange Zeit nur einen Helden, manche wechseln tatsächlich alle paar Abenteuer.

Letztlich wird aus einem Charakter immer das, was ein Spieler will. Ich finde, es gibt immer genug Möglichkeiten, auch selten genutzte Talente doch zur Anwendung zu bringen. Wenn man will.

Also ich finde es gut, dass es mindestens zu Anfang die große Vielfalt gibt. Und es soll ja nicht nur für die Spieler spannend sein, sondern auch für die Leser :wink:

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Beides spielt eine Rolle. Sowohl die Möglichkeiten, die der Meister eröffnet (ganz so, wie von Graf Albin beschrieben), als auch das, was der Spieler selber will. Das Ergebnis wird immer eine Kombination aus Beidem sein.

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Wie ist das denn in Deiner DSA-Runde so? Was für Vorgaben macht der Meister? Wieviel Freiheit erlaubst Du Dir in der Charaktererschaffung?

Ich hatte ja am Anfang auch den überwältigenden Eindruck unendlicher Möglichkeiten… war allerdings dann ziemlich ernüchtert, als ich feststellte, das selbst ein nur halbwegs vielseitig angelegter Charakter in einer Kampagne, die nur Superhelden fordert, ziemlich abkackt.
Meiner Meinung nach ist das Balancing in der Gruppe gerade bei DSA extrem wichtig - und auch ziemlich anspruchsvoll. Die Regeln erlauben zwar das Erschaffen anspruchsvoller, “runder” Charaktere - wenn diesen jedoch mit den selben Regeln geminimaxte Helden in der gleichen Gruppe gegenüberstehen, stört das das Spielerlebnis sehr nachhaltig.

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Die Regeln erlauben zwar das Erschaffen anspruchsvoller, “runder” Charaktere - wenn diesen jedoch mit den selben Regeln geminimaxte Helden in der gleichen Gruppe gegenüberstehen, stört das das Spielerlebnis sehr nachhaltig.

Ist das nicht in jedem System so?

Außerdem kam es mir noch nie so vor, als hätte man so wahnsinnig viele Möglichkeiten. Natürlich kann man mehr bestimmen, als zu DSA3-Tagen, aber dennoch wird man in bestimmte Charakterklassen mit festen Boni gezwängt. Andere RPGs haben da mehr Variationsmöglichkeiten, ohne hunderte von Seiten mit Professionen zu füllen.

Bleibt tapfer,

puck

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Und das ist genau mein Eindruck - obwohl das DSA-Regelbuch so aussieht, als böte es unglaublich viele verschiedene Möglichkeiten, reduzieren sich diese in meinen Augen sehr schnell, da einige schwer bis unspielbar und andere einander sehr ähnlich sind oder recht schnell werden.

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Nein. In anderen Systemen gibt es z.B. feste Punktzahlen zum Erschaffen von Charakteren, was das Minimaxen extrem einschränkt.

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Mhh, feste Punktzahlen gibt es doch auch bei DSA bei der Erschaffung? Versteh ich jetzt net…

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Vor allem ist das Steigern kein Glücksspiel mehr.

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Ich bin mir nicht sicher, ob ich richtig verstanden wurde. Ich wollte nur sagen, dass ich ein System in dem es überhaupt Charakter-Klassen gibt, niemals als frei titulieren würde und ich mir deswegen auch nie die Illusion gemacht habe besonders viele Möglichkeiten zu haben.

Mhh, feste Punktzahlen gibt es doch auch bei DSA bei der Erschaffung? Versteh ich jetzt net…

Stimmt nicht ganz. Bestimmte Kombinationen kosten unterschiedlich viele GP. D.H. man bekommt unter umständen mehr für sein Geld und auch sonst kostet nicht alles das was es wert ist.

Bleibt tapfer,

puck

AW: DSA Charaktere - Paradies der Möglichkeiten oder Illusion

Ja, ist schon richtig. Aber die entsprechenden Kombinationen sind zwar teilweise im Paket günstiger, aber trotzdem idR recht teuer (in GP). Und fast jeder Char möchte irgendeines dieser “Pakete” idR besitzen. Und falls nicht, hat man eben genug Punkte übrig, um seine Werte zu verbessern.
Ich denke schon, dass die Char in der ersten Stufe durchaus in gleicher Augenhöhe liegen (mehr oder weniger). Kommt halt immer darauf an, was die Stärken der jeweiligen Chars ist. Ein Krieger wird nunmal immer besser im Kampf sein, als ein “Herumtreiber”. Dafür kann dieser sich sicherlich um einiges besser in der Stadt bewegen. Er kennt die richtigen Orte und Leute, um Aufträge an Land zu ziehen und evtl. die “Hehlerware”, also die erbeuteten Besitztümer der Gegner, zu verkaufen.

Doch dürfte in der ersten Stufe der Unterschied noch nicht sooooo gigantisch ausfallen. Immerhin kann auch ein Krieger der ersten STufen idR nur einige wenige Kampfmanöver und die Kampfwerte sind auch noch lange nicht erste Sahne.

Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es in anderen Rollenspielen sehr viel anders wäre. Selbst bei CoC ist es ja so, dass die Char sich untereinander unterscheiden. Liegt ja nunmal im normalen Lauf der Dinge…

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Preiset die Schönheit, Bruderschwestern!

Ich muss ja zugeben, dass auch mir die Möglichkeiten der Charaktererschaffung bei SR besser gefallen als bei DSA4.0, aber totzdem finde ich die neue DSA-Generierung deutlich besser, variabler und differenzierter als das jemals vorher bei DSA der Fall war!

Gruß
Graf Albin