AW: Eigene Abenteuer vs. Kaufabenteuer
Ob jemand anders mit meinen niedergeschriebenen Plots etwas anfangen könnte ist fraglich; einerseits sind meine niedergeschrieben Plots (zumin. alle die ich noch irgendwo habe) ziemlich an den Kontext meiner eigenen Hintergrundwelt (und oft an die Charaktere meiner Spieler) angepasst und andererseits müsste theoretisch auch jemand anderes etwas mit dem niedergeschriebenen Plot anfangen können, wenn er ihn für seine Zwecke modifiziert und dann drum herum improvisiert.
Einer meiner aktuellen Plots, der zugegebener Maßen auf recht “heroischem” Level endet, war auf eine meiner Kulturen zugeschnitten, Bewohner einer sehr steppigen Region, aus der alle Charaktere der Spieler stammten. Der Plot lässt sich reduzieren auf “Spieler entdecken einen uralten Gott, der ziemlich schwach geworden ist, weil er fast vergessen wurde → die Spieler peppeln den Gott auf, in dem sie sein Wort weiter verbreiten → der Gott hilft dem Stamm aus dem Spieler kommen die Herrschaft über die anderen Stämme zu erringen → der Gott betrügt die Charaktere und stürzt die Länder in der Umgebung ins Chaos: er hat wieder genug Macht, um eigenständig zu handeln”
Das wirkt jetzt ziemlich linear, weil ich die Einflussmöglichkeiten der Spieler auf diese Struktur weggelassen habe. Vom ersten Punkt mal abgesehen, bestanden meine Notizen aus einigen weiteren Entwicklungsmöglichkeiten für die kritischen Punkte der Geschichte, z.B. zu “Was ist, wenn die Charaktere den Gott am anfang direkt umbringen, er ist ja noch schwach?” oder “Was ist, wenn die Charaktere den Gott zurücklassen und ingorieren”.
In der Regel lege ich mir eine sehr lineare Plotstruktur zu Grunde, wenn ich beginne ein Abenteuer zu planen (das könnte dann sowas wie der obige Plot sein) und überleg mir, welche mit welchen Plotteilen die Charaktere jeweils in der nächsten aktuellen Runde wohl zu tun haben; nach Jahren des gemeinsamen Spielens kann ich meine Spieler ja recht genau einschätzen. Jedenfalls für Plotteile die in der aktuellen Runde vorkommen, überleg ich mir dann ein paar Möglichkeiten, die in Kraft treten, wenn die Charaktere sich so oder so verhalten. Meist hab ich so 2 bis 4 Möglichkeiten stichwortartig parat; auf die kritischen Punkte eines Plots gibt es ja meistens nicht so viele unterschiedliche “Lösungen”. Außerdem mache ich mir grob Gedanken darüber, wie sich diese Entscheidungen auf meinen ursprünglichen Gesamtplot auswirken; mit den genauen Auswirkungen auf meinen Plot beschäftige ich mich dann erst, wenn die Charaktere den Punkt schon abgehandelt haben - alle wenns und Einflussmöglichkeiten zu planen würde eine schier unmögliche Aufgabe darstellen.
Um dieses Konstrukt improvisiere ich; die Spieler können ihre Charaktere frei bewegen. Je nachdem was zum Plot gehört, gibt es Ereignisse, denen sie nicht aus dem Weg gehen können, weil ich den Ort dann an ihre Wege lege oder halt Ereignisse, die sie verpassen: da müssen sie dann mit den Konsequenzen leben. Daraus ergibt sich meist ein interessantes Gemisch aus meinem Plot und von den Spielern angestoßenen Plots, die meist zu einem guten Gesamtabenteuer werden; es gibt natürlich auch ein paar Ausnahmen. Ich lass mich gerne von meinen Spielern durch eigene Aktionen überraschen und baue diese dann gerne in mein Gesamtkonzept ein; alles im voraus zu wissen und die Spieler nur entlang einer von definierten Linie laufen zu lassen, finde ich als Spielleiter nicht so toll, da habe ich keinen Spaß bei und wenn ich leite, will ich ja auch meinen Spaß haben.
Insgesamt steckt in meinen Abenteuervorbereitungen ca. 1-2 Stunden Vorbereitung; wobei dann nach jeder Runde nochmal so eine halbe bis ganze Stunde Nachbereitung dazu kommt. Zu den Vorbereitungen gehört bei mir neben dem Grundplot eine grobe Überlegung was für NSC wohl im Umfeld des Plots auftreten können, sowie eine Zurechtlegung von NSC-Namen für “unwichtige” NSC - wobei je nach Spielerverhalten auch ein ursprünglich “unwichtiger” NSC mal eine bedeutendere Rolle im weiteren Verlauf annehmen oder ein geplanter “wichtiger” NSC in die Versenkung rutschen kann.
Zu den Nachbereitungen gehört dann kurz zu überlegen, wie sich die Handlungen der gelaufenen Runde auf die Zukunft des Plots aufwirken und ggf. NSCs auszuarbeiten, die noch eine Rolle spielen werden. Wenn die Spieler Plotelemente verpasst haben, überlege ich mir, inwiefern sie das genau betrifft.
Das ganze traue ich mir nur so in der Form zu, weil ich momentan vor dem Hintergrund meiner eigenen Welt leite, die ich deswegen halt ziemlich gut kenne; früher hätte ich ähnliches wohl für DSA leisten können, bin mittlerweile aber ziemlich raus. In einem Setting, das mir nicht so geläufig ist, greife ich dann lieber auf Kaufabenteuer zurück, weil meine Improvisationskünste daraus hervorgehen, zu wissen wie sich das Setting verhält.
Langer Rede kurzer Sinn
: Mit meinen Grundplots könnte wohl jeder etwas anfangen, der auch mit anderen Plots etwas anfangen kann, aber die genaue Ausarbeitung ist primär geistiger Natur
Ich bin ohnehin eher der Freund von “Abenteuerideen” als von “fertigen” Abenteuern, weil die wenigsten fertigen Abenteuer den Kontakt mit den Spielern so überstehen, wie sie gedruckt sind; und wenn ich sowieso etwas anpassen will oder muss, dann ist es einfacher Ideen zu lesen, als komplette Abenteuer.