Ich möchte euch hier mal ein recht unbekanntes Online-“Spiel” der besonderen Art vorstellen - Entropia Universe - ehemals Project Entropia.
Den Grund, warum ich Spiel in Anführungszeichen gesetzt habe, werde ich euch später noch erklären. Zunächst einmal ein paar grundsätzliche Infos.
Entropia Universe ist eine einzige riesige Spielwelt bestehend aus vielen Servern, die zusammen diese Welt bilden, also alle Spieler befinden sich in der selben Welt bestehend aus einem Planeten mit 2 Kontinenten, einer Raumstation und einem Vergnügungsasteroiden, und jeder kann jedem begegnen. Die Spielwelt ist in der Zukunft angesiedelt. Es handelt sich um einen entfernten Planeten, der von den Menschen gerade kolonisiert wird. Allerdings zum zweiten Mal. Der erste Versuch ist gescheitert. Die damaligen Kolonisten hatten Roboter mitgebracht, die ihnen bei der Kolonialisierung helfen sollten, sich aber gegen die Menschen gestellt haben und diese nahzu vernichteten. Die Roboter zogen sich zurück nachdem sie gesiegt hatten. Die damals wenigen überlebenden Menschen mutierten und entwickelten sich zurück. Als Spieler schlüpft man in die Rolle eines Kolonisten der zweiten Phase. Es gilt sichere Städte auf den beiden Kontinenten zu errichten (der erste Kontinent ist mittlerweile nahezu sicher) und die immer wiederkehrenden Roboter zu vernichten sowie die teils feindliche Fauna von den Ansiedlungen fern zu halten.
Soweit der Background kurz umrissen.
Was macht dieses “Spiel” besonders und derzeit auch noch einzigartig?
Das ist letztendlich das gesamte Konzept hinter Entropia Universe.
Es ist frei downloadbar und hat keinerlei monatliche Gebühren. Man erstellt einfach einen Avatar (optisch stufenlos veränderbar in extrem vielen Parametern wie Körpergröße, Proportionen, Augenabstand, Augengröße, Augenfarbe (das gleiche gilt auch für Ohren Nase und Mund soweit anwendbar), gibt ihm einen Namen (Vorname, Rufname, Nachname) und wird auf dem Raumhafen Port Atlantis in diese 3D-Welt abgestellt und nahezu sich selbst überlassen.
Der Haken an der kostenfrei-Geschichte:
Der Avatar wird in abgenutzter “Noob-Kleidung” und mit ansonsten nichts weiter als einer leeren Ingame-Creditcard in sein neues Leben geschickt.
Es ist nun an ihm selbst zu irgendwas zu kommen. Nahezu jedes Item kostet Geld und man hat nichts und verlässt man diese Stadt ist man meist nach 200m tot und wird in der Stadt wiederbelebt.
Wie kommt man nun zu Geld?
Da gibt es mehrere Möglichkeiten:
1.) Man zahlt echte harte Euros auf seine ingame-Creditkarte ein. Die Ingame-Währung nennt sich PED (Project Entropia Dollar) und ist zum festen Kurs von 1:10 mit dem US$ verknüpft. Für einen USDollar bekommt man 10 PED. Der Clou: man kann das Ingame-Geld auch wieder zurück in echte Euros wandeln - entweder durch Überweisung auf das eigene Bankkonto - oder per Cashcard, die einfach ngame mit PED geladen wird und mit der man in allen RL-Geschäften die Mastercard akzeptieren direkt bezahlen kann, oder an entsprechenden Automaten die PEDs in Euro auszahlen lassen. Einzahlungsmöglichkeiten gibt es diverse: Kreditkarte, U-Kash, Paysavecard, Überweisung (min 100 $), Paynova und noch weitere. Die meisten Möglichkeiten stellen das eingezahlte Geld innerhalb weniger Sekunden ngame zur Verfügung.
2.) Will man nicht einzahlen, kann man ingame etwas Geld durch sogenanntes “sweaten” oder durch suchen von Früchten oder bestimmten Steinen verdienen. Während die Steine hier und da in der Welt einfach herumliegen und eingesammelt werden können, ist das “sweaten” eine jedem Kolonisten mitgegebene parapsychologische Fähigkeit. Man braucht nichts als Geduld und Zeit dazu. Man nähert sich zum sweaten einfach einer der möglichst friedlichen Kreaturen und leitet die Nutzung dieser Begabung durch einen Links und dann Rechtsclick auf die Kreatur ein. Der Avatar beginnt einen seltsam anmutenden Tanz mit schamanisch angehauchten Singsang und versucht dann der Kreatur etwas “Mindsweat” abzuziehen. Gelingt dieses, poppt ein Lootfenster mit ein paar Flaschen besagter Flüssigkeit auf, die man in genügend hoher Stückzahl an andere Spieler verkaufen kann, die es dann mit weiteren Zutaten zu Mindessence weiterverabeiten. Mindessence wird für die Nutzung “höherer” parapsychologischer Fähigkeiten gebraucht - zum Beispiel um Teleportieren zu können oder elektrische Ladungen zu verschleudern (Schaden) oder sich oder andere heilen zu können.
Auch die gesammelten Steine oder Früchte kann man an andere Spieler zwecks Weiterverarbeitung verkaufen.
Aber weder das Suchen der Steine und Früchte - noch das sweaten wird einen Spieler reich machen. Es ist recht zeitaufwendig und der Wert dieser Dinge ist nicht sehr hoch. Auch wird es mit der Zeit langweilig. Es reicht aber auf jeden Fall um sich nach einiger Mühe z.B. eine Waffe oder eine Mining-Ausrüstung zulegen zu können um jagen zu gehen oder nach Erzen oder Enmattern zu suchen. Man kann aber auch mit dem Geld versuchen durch geschicktes An- und Verkaufen von Items sein Geld zu mehren und es gibt so einige Leute, die mit genügend Geduld und Geschick heute geachtete Händler oder Jäger/Miner/Crafter geworden sind, die aus Nichts einige Tausend Dollar gemacht haben.
Trotzdem sein nochmal gesagt: hier wird einem nichts geschenkt - kein einziger Cent. Es ist schon recht mühselig auf diese Weise eine erkleckliche Summe PEDs zusammen zu verdienen.
Die normalen Ingame Professionen:
Man kann ingame verschiedenen “klassischen” Professionen nachgehen. Als da wären Jäger, Miner und Crafter - wobei Crafter der Sammelbegriff für alle möglichen Hersteller von irgendwelchen Items sind. Ferner gibt es auch noch Schönheitschirugen und Frisöre etc. Wem die Frisurenauswahl bei der Erschaffung des Avatars nicht gefällt, kann ingame dann zu einem Spieler gehen, der in der Lage ist (viele Skills hat) einem eine andere Frisur zu verpassen oder die Haare zu färben. Genauso kann man auch die komplette Gestaltung des gesamten Körpers von Schönheitschirugen verändern lassen. Das gewünschte Ergebnis ist aber an die Skills gekoppelt - bzw die Anzahl der Versuche es zu erreichen.
Skills sind in EU im Gegensatz zu fast allen anderen Spielen nach oben offen!
Es gibt kein Ende bei Level 70 oder 100 oder 1000 - auch bei einer Million ist kein Ende …
Ich erspare mir mal die einzelnen Professionen detailliert zu beschreiben. Die meisten von euch werden es ja grundsätzlich kennen. Es sei aber gesagt, daß es größtenteils Glückssache ist, ob man mit den klassischen Professionen Geld verdient oder verliert. Skills spielen eine Rolle - aber nicht in der Form, daß hohe Skills hohe Erfolge bedingen.
Wenn man meint zu wissen, wie man in WoW oder anderen MMORPGs zu ingame-Geld kommt - vergesst es innerhalb von EU. Werft dieses Wissen über Bord, denn es wird nur teuer werden :). In EU ist alles anders - auch wenn es ähnlich zu sein scheint.
Man kann aber durchaus auch tatsächlich in EU Geld verdienen. Es gibt sogar Spieler, die von EU leben!
Das wohl berühmteste Beispiel ist John Jacobs - alias NEVERDIE.
Er steht im Guiness Buch der Rekorde. Er hält den für viele Menschen zweifelhaften Rekord des Erwerbs des wohl teuersten virtuellen Gegenstandes. Er hat nämlich den Vergnügungsasteroiden für die Summe von 1 Million PEDs (100.000 US$) gekauft. Er hat dazu sogar sein Haus beliehen. Aber er hat seine Investition innerhalb weniger als einem Jahr wieder drin gehabt, denn dieser Asteroid wirft (geschätzt) monatlich über 10.000 Dollar ab. Es sei erwähnt, daß diese Einkünfte nur aus Ausgaben der Spielerschaft auf diesem Asteroiden zustande kommen.
Erwähnt sei auch, daß die Verleihungsparty des Nobelpreises 2006 offiziell sowohl in Stockholm als auch in der Disco des Vergnügungsasteroiden stattfand. In Stockholm waren riesige Monitore aufgestellt, auf denen das Partygeschehen auf dem Asteroiden gezeigt wurde und umgekehrt auf dem Asteroiden ein Monitor, der einen Stream von der Party in Stockholm zeigte.
MindArk - die Firma die hinter dem Entropia Universe steht, stammt aus Schweden und hat nun so allerhand Innovationspreise für ihr Produkt eingeheimst.
Zu dem Konzept gehört an allen Ecken und Enden eine Verquickung zwischen RL und VL. Das ist auch der Grund, warum ich oben das Wort Spiel in Anführungszeichen setzte. So kann man ingame für sein Appartment z.B. Bilder von teils recht bekannten Künstlern aus dem richtigen Leben kaufen. Legt man etwas Geld ingame drauf, bekommt man z.B. das tolle Gemälde aus einer New Yorker Ausstellung auch im RL nach Hause geschickt. Genauso kann man ingame Kleidung kaufen für den Avatar, die man auch im RL für sich selber zugeschickt bekommen kann.
Aber auch Hobby-Künstler können ihre Werke ingame verkaufen. Sowohl Bilder als auch Videos oder Musik. Allerdings ist das Ganze noch etwas begrenzt bei Musik und Video. Auch gilt es natürlich Copyrights etc. zu beachten und alles wird auch entsprechend vorher geprüft.
Und das ist alles erst noch am Anfang.
Im Prinzip ist dieses Spiel - denn es hat ganz normale Spielelemente wie jedes andere MMORPG auch - eine virtuelle Welt, die mehr und mehr mit der echten Welt verzahnt wird. Man kann dazu stehen wie man will - interessant ist das Ganze allemal.
Ich spiele hier nun seit fast 5 Jahren und es ist nach wie vor spannend und interessant - allein schon aufgrund der Entwicklung die diese Welt bisher genommen hat und nehmen wird. Spiele wie WoW (oder beliebige andere) haben meist nicht eine solche Langzeitmotivation.
Man kann sich auf gleiche Weise wie in herkömmlichen MMORPGs unterhalten lassen - man kann aber auch versuchen hinter die Geheimnisse des Erfolges zu kommen und den Glücksanteil beim Loot zu reduzieren um Gewinne einstreichen zu können - oder man investiert in die verschiedenen Dinge wie Land, Hangar mit Raumschiff, oder einen Laden in einem Einkaufzentrum um damit Geld zu verdienen - oder auch gleich ein ganzes Einkaufszentrum oder gar eine Banklizenz.
Noch ein paar weitere “Fakten” zu diesem “Spiel”:
Etwa 600000 Accounts
Sicherheitsmöglichkeiten höher als manche Banken im Internet haben
den höchsten Altersdurchschnitt der Spielerschaft bei MMORPGs
gute bis sehr gute Grafik
extrem viele und unterschiedliche Möglichkeiten der Betätigungen ingame
Suchtpotential beachtlich
Frustpotential genauso beachtlich
lt. einer Studie eines Wirtschaftsprofessors rangiert EU was den internen Geldfluss angeht auf einem Rang zwischen 60 und 70 verglichen mit allen Nationen der realen Welt
Was man als “Spieler” mitbringen sollte:
… Geduld, sehr viel Geduld
… Besonnenheit
… je nach Spielstil garkein bis zu sehr viel Geld
… eine gewisse Reife und Lebenserfahrung (jüngere Spieler schauen es sich gern mal an - bekommen aber auch schnell Frust, weil Dinge wie tolle Rüstungen und tolle Waffen teilweise 5-stellige Dollarsummen kosten. Wer sowas braucht, braucht halt ein großes Portemonnaie. Einfache Ausrüstung kostet ein paar Cent bis ein paar Dollar, mittleres Equipment bis zu 3-stellige Dollarsummen, Highend ist letztendlich nach oben offen)
[EDIT]
Vorbildlich!! Freigabe erteilt
Tufir - 16.01.2008 / 15:30 Uhr
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