Melisande Arnaude Benoit de Broglie

Melisande Arnaude Benoit de Broglie ist eine auffällige Erscheinung – ganz gleich, ob man sie mit Zigarre und Kir Royal an der Bar eines noblen Hotels trifft oder mit ihrer K98 in der afrikanischen Savanne.

Hochgewachsen und schlank, bewegt sie sich mit selbstsicherer, aristokratischer Eleganz. Auf den feinen Zügen ihres Gesichtes liegt oft ein unbestimmtes Lächeln, während die grauen Augen kühn ihr Gegenüber taxieren oder suchend über den Horizont streifen.

Triffst Du sie in der Stadt, fällt die provokante Pariser Mode auf und ein exotischer Duft, den der Kenner als Nuit de Noël identifiziert. Die dunklen Haare trägt sie kurz - im gerade aufkommenden Etonschnitt.

In Gesellschaft fühlt sie sich in der Rolle des stillen Beobachters wohl, in sich ruhend und distanziert an einem Platz am Kamin, wirkt sie dann wie eine zufriedene Katze. Nur selten hörst Du ihre warme, volle Stimme mit schwerem französischen Akzent eine treffsichere Bemerkung zur Trophäensammlung des Gastgebers oder dessen vorgeblichen Reiseabenteuern machen.

Obwohl Du den Verdacht hegst, dass Melisande sehr genau weiss, wie man sich in gehobener Gesellschaft gibt, brüskiert sie oft und offensichtlich gewollt, wenn ihr Etikette zu einengend erscheinen.

AW: Melisande Arnaude Benoit de Broglie

Von der Frau aus dem Dorf war nichts mehr übrig, als ein paar Knochen und blutiger Staub. Wären da nicht die spärlichen Fetzen ihrer Kleidung gewesen, hätte niemand mehr sagen können, dass die Löwen hier einen Menschen erlegt hatten.

Dieses Rudel zog seine Blutspur quer durch die Masai Mara. Kudus und Zebras standen nicht auf seinem Speiseplan. Nur Menschen. Die Einheimischen nannten seinen Anführer furchtsam den ”Dunklen Herrn des endlosen Sturms” - für meinen Geschmack etwas zu dramatisch.

Wir nannten ihn Schwarzzahn.

Edward und ich folgten ihm nun schon seit etwa einem Monat. Oft verschwand die Fährte des Rudels auf unerklärliche Weise und wir konnten nur warten, bis er wieder zuschlug, um erneut seine Spur aufzunehmen.
So war es auch heute. Das niedrige Gehölz, in das die Löwen ihr Opfer zum Fressen gezogen hatten, stank überwältigend nach Blut und Eingeweiden. Schweiß und Staub bildeten eine klebrige Schicht auf meinem Gesicht und ich hätte schwören können, dass soeben eine weitere dazukam, die aus den Ausdünstungen des Kadavers bestand. Mir wurde übel. Dennoch sah ich mich gründlich um. Sie hatten sich nicht lange hier aufgehalten – als ob sie wussten, dass wir ihnen dicht auf den Fersen waren.

Ich hielt inne und trat ein paar Schritte in die Savanne hinaus, um durchzuatmen. Ohne mich umzudrehen, wußte ich, dass Edward hinter mir stand. Kalt und distanziert hatte er die ganze Zeit meine Untersuchung dieses Schlachtplatzes verfolgt. Wenn ich ihn ansah, würden seine Augen weder Schock, noch Mitleid zeigen – nur mildes Interesse, ob ich der Situation gewachsen war.
Ich war es nicht.

Langsam zog der Abend über der Masai Mara herauf und das endlose Grasmeer lag still und reglos, als würde es den Atem anhalten. Ich hatte zum ersten Mal Angst.

Ich war der Jäger. Ich jagte Schwarzzahn und würde ihn töten. Aber jetzt fühlte ich mich wie Beute.