Myranor: Codex Monstrorum

Vor mir liegt die neueste Publikation für Myranor – der Codex Monstrorum.
Ausgepackt erweist sich das Buch als typisches DSA-Produkt der neuen Generation – Hardcover mit stabilem Kartoneinband, gestaltet ähnlich wie der erste Codex Cantiones als altertümliches Buch mit verstärkten Ecken. Beim Aufschlagen zeigt sich, dass die Seiten aus einem kräftigen, leicht angerauten und daher griffigen, aber auch leichten Papier bestehen, die das Buch relativ dick aber auch relativ leicht machen. Diese Seiten sind diesmal gesamt in ein leichtes graubraun getaucht, welches mit dem Pergamentdesign der Seiten das schlüssige Bild leicht vergilbten Materials ergibt. Verzichtet wurde erneut auf Farbdruck und Hochglanz, was aber inzwischen schon typisch für DSA-Produkte ist, zum Inhalt passt und gerade bei stärkerer Lichteinstrahlung auch Vorteile bietet. Somit sollten nur strikte Verfechter von Regelwerken in Hochglanzoptik an diesem hochwertig wirkenden Produkt etwas aussetzen zu haben.

Womit das Thema Inhalt angesprochen wäre: Das Buch teilt sich grob in 3 Teile, deren größter Teil das Tagebuch des Optimaten Quaternus thi Kouramnion darstellt. In diesem berichtet er über die Begegnungen seiner Expeditionsgruppe mit wunderlichen, insbesondere gefährlichen Wesen der Wildnis Myranors und seine Sicht der Gründe, warum er sich überhaupt auf diese Reise begeben hat. Ergänzt wird dieser Bericht durch wissenschaftliche Abhandlung zu den Wesen und einige wenige Bemerkungen desjenigen, der die in der Wildnis gefundenen Unterlagen des Optimaten geordnet und aufgearbeitet hat. Die anderen Teile finden im Anhang Platz, wo zuerst jedem Wesen und zur Reise des Optimaten im allgemeinen Hinweise für die Verwendung im Spiel gegeben werden. Vervollständigt wird das Buch durch den 2. Anhang mit den Spielwerten der vorgestellten Wesen.

Aus dieser Gliederung ergibt sich auch die Nutzbarkeit des Buches im Spiel. Es ist die perfekte Grundlage für alle Spielleiter, die ihre Gruppe auf diese oder eine ähnliche Expedition durch die Wildnis Myranors schicken wollen - daneben ist es auch eine wunderbare Ideensammlung für Zufallbegegnungen. Ich jedoch würde allen Interessierten empfehlen, sich auf die geschilderte Wildnisexpedition einzulassen. Das Buch liefert Spielideen für Jahre und ist nicht nur dafür geeignet, die bereits publizierten Myranorabenteuer und selbst entworfene in einem geschlossen Kontext zu stellen, einen Kontext in dem myranische Charaktere Wesen treffen können, die sie bisher nur aus Horrorgeschichten ihrer Kindheit kennen dürften. Noch reizvoller könnte es sein, zum Beispiel im Laufe der Lameakampagne in Myranor verbliebene oder auf andere Weise (Stichwort Dunkle Pforten) nach Myranor gelangte Aventurier eine für diese völlig fremde Natur erleben zu lassen.

Wie Myranor gesamt sind auch die hier vorgestellten Wesen sehr phantastisch, sie stellen einen Querschnitt zufälliger Entwicklungen auf dem riesigen Kontinent und im Laufe der Geschichte durch mächtige Magie entstandener Monstrositäten dar. Durch die Gestaltung des Buches als Dokument aus der Spielwelt bleibt es aber letztlich dem Spielleiter überlassen, welche Aussagen der Texte in seiner Runde der Wahrheit entsprechen und wie viel er seinen Spielern preis gibt – das Werk selbst gibt als In-Game Ressource dazu keine näheren Vorgaben. Damit ist dieses Werk auch neben dem Aventurischen Boten das (nach meiner Kenntnis) einzige in der langen Reihe der DSA-Publikationen, das als reine In-Game Quelle Verwendung finden kann – zum Beispiel indem einzelne Passagen oder auch das ganze Werk den Charakteren in die Hände fällt und diese animieren soll, dem Verbleib Quaternus nachzuforschen. Das ist ein Konzept, das mir aus anderen Systemen sehr positiv in Erinnerung geblieben ist und das sicher auch in Gesamtaventurien Erfolg verspricht. Und selbst Spieler wie ich, die zur Zeit nicht in Myranor aktiv sind, die Möglichkeit dafür aber nicht ausschließen, können aus diesem Buch interessante neue Eindrücke über die Spielwelt Myranor gewinnen.

Der Vollständigkeit wegen sollte man jedoch erwähnen, dass so sehr das Buch die Spielwelt Myranors ergänzt, es kaum geeignet scheint, DSA-Spieler für Myranor zu begeistern, die sich bisher dagegen sperrten – denn dafür tendiert sein Inhalt zu sehr in das Gebiet der High Fantasy. Aber das wird auch kaum Ziel des ganzen gewesen sein.

Insgesamt, wie leicht zu bemerken sein dürfte, begeistert mich dieses Buch und insbesondere das Konzept des Buches. Einziger Wermutstropfen ist, dass beim Druck erneut die Qualität der Zeichnungen gelitten hat, die etwas blass und kontrastarm wirken. Interpretiert man diese jedoch im Zusammenhang des Konzeptes des Buches, so stellen sie die Zeichnungen dar, die der Optimat nach seinen Begegnungen angefertigt hat – und als solche ist auch ihre Qualität verständlich und passend.

Ich wünsche diesem Buch, dass es genügend Käufer findet, dass das Konzept weitere Anwendung findet. Von mir erhält dieses Buch die volle Punktzahl!

Mein Dank gilt wie üblich den rpg-foren.com, dsa-fantasy.de und natürlich ganz besonders Ulisses Spiele, Fragen zum Buch beantworte ich gerne - Diskussionen zum Buch und zu Myranor allgemein sollten wir vielleicht in den DSA-Bereich verlegen!

P.S.
Ulisses sucht übrigens gerade den “Super-Critter”, dessen Bild als Poster veröffentlicht werden soll. Mal sehen…

P.P.S. In Ermangelung eines Bildes auf der Amazon-Seite:

http://www.dasschwarzeauge.de/typo3temp/pics/a47b89df2f.jpg
ISBN: 9783940424464