Eine Frage, auf die ich bisher noch nicht eingegangen bin, ist die – wie und was man eigentlich spielt.
Das Wie ist schnell erklärt:
Vampire ist ein Spiel, das im vergleich zu anderen Rollenspielen mit relativ wenigen Werten auskommt. Damit ist es verglichen mit z.B. DSA ein Spiel, das wenig Wert auf möglichst realistische Simulation der Wirklichkeit legt. Viele Aktionen sind mit wenigen Werten abgedeckt und erfordern dementsprechend viel Improvisationstalent von Spielern und Erzähler. Das System unterscheidet zwischen Attributen, Fähigkeiten und eben den Disziplinen. Proben auf Fähigkeiten werden in der Regel als Kombination der passenden Fähigkeit und einem passenden Attribut abgelegt.
Beispiel gefällig? Bitte:
Der Charakter möchte ein Ritual vollenden, allerdings geht die Sonne bald auf und seine Müdigkeit wird immer schlimmer. Kann er wach bleiben, bis er fertig ist? Probe auf Widerstandskraft und Okkultismus.
Der Charakter möchte in einer Bibliothek ein bestimmtes okkultes Buch finden, aber da sind unglaublich viele. Probe auf Geistesschärfe und Okkultismus.
Welche Kombination passt, entscheidet der Erzähler nach gusto.
Üblicherweise würfelt man mit so vielen W10, wie man insgesamt Punkte hat gegen eine Schwierigkeit, die der Erzähler festlegt. Dabei zählt jeder Wurf größer gleich der genannten Schwierigkeit als Erfolg und jede 1 neutralisiert einen Erfolg.
Erfolg hat man, wenn Nettoerfolge übrig bleiben, wie gut man ist, entscheidet die Anzahl der Erfolge. Misslungen ist der Versuch, wenn keine Nettoerfolge über sind - fallen mehr Einsen als Bruttoerfolge, so hat man gepatzt…
Neben solchen einfachen Erfolgsprüfungen gibt es auch noch vergleichende Würfe und das Sammeln von Erfolgen bis genügend geschafft sind.
Nachteilig an diesem System ist, dass auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, wie viel schwerer beim einzelnen Spieler die Erhöhung der Schwierigkeit den Erfolg macht und wie schwer eine Probe tatsächlich ist. Zylerath ist glaube ich auf dieses Thema schon mal näher eingegangen.
Interessanter als diese technischen Details ist aber das Was.
Was man spielt hängt vom gewählten Teilbereich ab. Prinzipiell ist zwar immer alles möglich, ein paar Möglichkeiten bieten sich aber einfach an.
Ich klammere jetzt mal all das aus, was mit Spielen im Mittelalter (Vampire – Dark Ages) oder im viktorianischen Zeitalter (Victorian Vampires) zu tun hat, da auch das zwar Vampire, nicht aber Maskerade ist. Natürlich kann man aber auch in diesen Zeiten spielen oder in diesen Zeiten das Spiel beginnen und bis in die Gegenwart.
In der Gegenwart hat man aber auch genug Wahlmöglichkeiten:
Grundsätzlich ist zu sagen, dass Vampire darauf angelegt ist, die Charaktere die Tragik ihres Daseins spielen zu lassen (sie gehören einer von Gott verfluchten Spezies an) und ihren jede Nacht von neuem beginnenden Kampf um die Reste ihrer Seele. Drohend wie ein Damoklesschwert hängen über der Welt der Vampire die Prophezeiungen von Gehenna, die den Untergang ihrer Welt bedeuten soll. Anzeichen für das Nahen von Gehenna sind überall zu sehen, aber niemand weiß ob und wie sie sich abwenden lässt, noch was in der Nächten von Gehenna genau geschieht. Bekannt ist nur die Sage, dass entweder Kain zurückkehrt (und was tut?) oder aber sich die Vorsintflutlichen erheben und ihre Kinder verschlingen, oder aber ihren Jihad zum Ende bringen und sich gegenseitig vernichten, oder… (Und in der Tat war Gehenna ja das Ende der alten WoD, wobei z.B. im Vampire-Quellenband dazu mehrere verschiedene offizielle Abläufe präsentiert wurden. Gehannakampagnen haben allerdings den Haken, dass sie umso besser werden, je weiter man in den Metaplot der World of Darkness einsteigt. Und dieser Metaplot ist sehr komplex!
Natürlich kann man auch auf Gehenna verzichten. Es bleiben dann die Möglichkeiten, die sonst mit Gehenna vermengt auftreten würden:
Die Camarilla ist die erste Wahl, wenn man sein Spiel mit sozialer Interaktion und Intrigen füllen will. Ziel des Spiels ist es häufig, den eigenen sozialen Status auf Kosten der anderen zu steigern, ohne offensichtliche Gewalt anzuwenden. Am Ende könnte der Versuch stehen, Prinz einer Stadt zu werden und dann das Problem an der Macht zu bleiben. Aber auch die Verteidigung der Stadt gegen Sabbatvampire oder Werwölfe kann eine Rolle spielen, dann ist das ganze natürlich gewaltgeladener.
Der Sabbat wiederum ist häufig die richtige Wahl, wenn man eine kampflastige Kampagne spielen will. Sabbatvampire sind per se brutaler und haben ihre menschlichkeit meist hinter sich gelassen, was einiges der Grundtragik relativiert.
Ob nun mit oder ohne Gehenna: Natürlich sind Crossovers mit den anderen Systemen möglich: Vampire und Werwölfe hassen sich wie die Pest (wobei ich ehrlich zugeben muss, mich nie näher mit der Mystik von Werwolf – Die Apokalypse auseinandergesetzt zu haben und daher den genauen Grund dieses Hasses nicht erklären zu können. Vielleicht hat ja jemand Lust das zu tun?), auch Geister können Vampire vor Probleme stellen, Feen sind ein Greuel,…
Besonders schön können Crossover sein, wenn auf beiden Seiten Spieler sitzen…
Inconnu-Kampagnen sind ebenfalls möglich – hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese sich häufig um erfahrene Vampire drehen und mangels größerer Mengen an Hintergrundinformationen viel Phantasie des Erzählers erfordern.
Auch bietet sich, wenn man die Tragik besonders betonen will, die Möglichkeit an, die Charaktere nach Erlösung suchen zu lassen, entweder Erlösung von der Herrschaft ihres inneren Tiers durch den mystischen Status der Golconda oder aber sogar Erlösung von ihrer vampirischen Existenz.
Natürlich kann man auch einfach klassische Einbruchs-, Wildnis- oder Detektivgeschichten spielen, mit dem einzigen unterschied, dass die Protagonisten mal keine Elfe, Zwerge, Krieger und Magier sind, sondern Vampire.
Oder aber den Kampf um die eigene Existenz, da Vampirjäger einen entdeckt haben.
Oder…
Es gibt in der Welt des sogenannten Gothic-Punks viele Möglichkeiten und irgendwie habe ich das Gefühl dass dieser Post mehr Fragen aufwirft als er beantwortet.
Naja, jetzt ist er geschrieben, jetzt stelle ich ihn auch online. Man kann ja weiterdiskutieren und fragen.