Nachdem ich darum gebeten wurde, wollte ich hier einmal meine ersten Eindrücke zu Silver Tower mit euch teilen:
Vorab sei gesagt: Es ist ein tolles Spiel. Macht Spaß und gefällt mir. Ich bin jetzt allerdings auch niemand, der super viel Erfahrung mit Dungeoncrawlern hat, tatsächlich sogar sehr wenig. So habe ich z.B. sowas wie HeroQuest nie gespielt (Dafür Heroscape, aber das ist ein etwas anderes Thema), und habe mit dem alten Warhammer Quest nur negative Erfahrungen gemacht (Durch die ständigen Random Encounter, die wir erwürfelt haben, kamen tatsächlich mehr Gegner hinzu als wir besiegen konnten, was extrem frustierend war und sich durch die ca. 5h komplett gezogen hat, die wir gespielt haben)
[SIZE=5]Miniaturen[/SIZE]
Fangen wir mit dem offensichtlichen an: Die Miniaturen sind der Hammer. Wer Games Workshop Miniaturen mag, hat allein mit denen das Geld wohl schon fast wieder raus (zumindest wenn man die Games Workshop Preise bedenkt) - Der Stil ist halt typisch GW: Alles hat Schädel, Stacheln, dicke Muskeln, Schädel, geschwungene Waffen, Tattoos und Runen und vor allem Schädel. Wer das mag (ich tu’s) ist hier also gut bedient. Die Miniaturen lassen sich extrem gut zusammen bauen, sie passten eigentlich alle perfekt ineinander (mit zwei Ausnahmen, die etwas mehr Arbeit gebraucht haben) und bestanden aus wenigen Teilen (Was natürlich auch bedeutet, dass man sie weniger einfach umbauen kann), einzig die Helden und die zwei großen Bösewichte (Der Gaunt Summoner und der Ogroid Thaumaturge) sind etwas aufwändiger. Auch hatte ich nur bei 2 Helden das Bedürfnis, die Miniatur noch nicht komplett zusammen zu kleben, um sie später einfacher bemalen zu können. Bei allen anderen Minis gab es dazu keinen wirklichen Grund. Vorsicht ist jedoch mit den ganzen Stacheln geboten. Ich habe es geschafft, mir einen davon fast bis zum Anschlag in den Finger zu stechen. Autsch!
[SIZE=5]Regelbuch[/SIZE]
Das Regelbuch wirkt auf mich etwas zu “einfach” gestrickt. Das ist einerseits gut (Die Regeln sind wirklich easy), andererseits hatte ich leicht das Gefühl, dass die Anleitung eher ein Bilderbuch ist. Mind. die Hälfte, eher 75% der Seite sind große Bilder, die die einzelnen, kurzen Regelabschnitte begleiten, Das Buch ist so aufgebaut, dass man es nicht vorher komplett lesen muss, um das Spiel zu verstehen - Was auch wunderbar funktioniert. Man muss nicht wirklich wissen, was in der nächsten Phase des Spielzugs passieren wird, da die Phasen (Schicksalsphase, Heldenphase, Wiedersacherphase) alle klar aufgeteilt sind und nicht wirklich ineinander übergreifen.
[SIZE=5]Spielablauf[/SIZE]
Nach all diesem Vorgeplänkel nun aber zum Spiel an sich: Ich habe bisher nur ein paar Let’s Plays gesehen und eine Runde alleine gespielt, um auszuprobieren, wie das Spiel funktioniert. Die Antwort: Schön flüssig und schnell. Es legt keinen großen Wert auf Werte-Cruncherei, Rechnerei oder sonstige “umständliche Dinge” - Aber dazu mehr in einem eigenen Abschnitt. Der eigentliche Spielablauf ist sehr easy:
Jeder Spielzug beginnt mit dem Schicksalswurf. 5 Würfel werden geworfen, und alle mehrfach vorhandenen Ergebnisse beiseite gelegt. Der Rest kommt in den Vorrat und kann später von den Helden verwendet werden. Die beiseite gelegten Würfel bestimmen, ob Zufallsereignisse eintreten. Falls ja, taucht entweder ein nerviger kleiner Familiar auf (der blockiert z.B. Skills von Helden oder macht Feinde stärker, so lange er auf dem Feld ist), oder ein zufälliges Ereignis tritt ein. Dafür liegt dem Spiel ein Buch mit einigen Ereignissen bei, die mit einem w66 ausgewürfelt werden und jeweils einen Fluff-Text enthalten sowie etwas, das geschieht. Das können spawnende Gegner sein, aber auch sowas wie “Dein Held findet ein verbotenes Buch. Willst du es lesen, würfle, bei 1-2 erhältst du eine Wunde, bei 3-6 schaust du dir die obersten 3 Item-Karten an und sortierst sie so, wie du willst”
Ist ein Held am Zug, wirft er 4 Würfel (oder weniger, wenn er verwundet oder betäubt sein sollte) - Mit den Würfelergebnissen kann er dann Aktionen durchführen: Bewegen, Erkunden u.ä. lassen sich mit beliebigen Würfeln ausführen, Basisangriffe ebenfalls. Stärkere Angriffe oder Sonderfertigkeiten (alles abhängig vom Helden) brauchen z.B. Würfel, die eine 4+, 5+ oder gar 6+ zeigen. Angriffe sind ebenfalls schnell abgehandelt: Angriff wählen, Würfel “ausgeben”, Würfel werfen und schauen, ob der “Hit”-Wert erreicht wird (abhängig vom Angriff). Dann erhält der Betroffene Gegner Schaden (ebenfalls abhängig vom Helden)
Hat der Held keine Würfel mehr übrig, oder möchte nichts mehr tun, ist der nächste Held dran. Sind alle Helden fertig, würfelt ein Spieler für jede Gegnergruppe auf einer Tabelle (im Regelbuch zu finden) aus, was diese tun, welchen Helden sie angreifen & womit sie das tun.
Danach geht es mit einer neuen Schicksalsphase von vorne los.
[SIZE=5]Die Dungeons[/SIZE]
Die Dungeons selbst werden als Kartendeck abhängig vom Szenario zusammen gestellt und beim Erkunden eines neuen Raums wird eine Karte gezogen und ein neuer Raum angelegt. Teilt sich der Weg, wird auch der Kartenstapel aufgeteilt und jeweils einem Ausgang zugewiesen. Räume, die zu weit entfernt sind, werden aus dem Spiel genommen. Das sorgt dafür, dass man keinen besonders großen Tisch braucht, aber auch dafür, dass man ein Szenario verlieren kann, weil man eine Abzweigung abgelegt hat, und daher den zweiten Weg dort nicht mehr erkunden konnte. Das sollte aber nicht besonders häufig passieren. Die Räume selbst sind nicht einfache Dungeon-Räume, sondern jeweils spezielle und abgedrehte Dinge: Der Boden besteht aus sich drehenden Zahnrädern, über einer Brücke weht ein unheimlicher, magischer Wind, usw. Zu jedem Raum gibt es auch einen Fluff-Text, der genau beschreibt, was dort ist. Manche Räume haben sogar besondere Mechaniken, so gibt es im ersten Szenario einen Raum mit Statuen, die Laser-Strahlen verschießen, und die die Helden so drehen können, dass sie die Gegner treffen und töten.
[SIZE=5]Negative Dinge[/SIZE]
Auch wenn ich grundlegend begeistert von dem Spiel bin, und es noch mehr dazu zu schreiben gäbe, will ich doch auch irgendwann zu den negativen Punkten kommen, die es definitiv auch gibt.
- Der Wiederspielwert ist vermutlich nicht super hoch, da es “nur” 9 oder 10 Szenarien gibt, die sich vermutlich doch jedes mal ziemlich ähneln werden.
- Heldenentwicklung existiert kaum. Erreicht ein Held eine neue Stufe, wählt er eine von 2 Fertigkeitskarten aus, die er vom Stapel zieht. Die bringen kleinere Boni (erhöhe den niedrigsten Würfel in der Heldenphase um 1) und haben bessere Effekte, wenn der Held ein bestimmtes “Stichwort” besitzt. Sowas wie “Chaotisch”, “Heilig” oder “Arkan”. Diese Fertigkeiten verliert man evtl. wieder, wenn das Szenario vorbei ist. (Je nach Gesamt-Fortschritt darf man eine bestimmte Zahl an Fertigkeiten behalten)
- Die Gegenstände, die ich bisher sah, sind nicht wirklich spannend. Die meisten sind Consumables oder haben eine Chance, bei jedem Einsatz verloren zu gehen. Es macht einfach keinen Spaß, sich einen Gegenstand für den Boss aufzubewahren, der einem Angriff doppelten Schaden verleiht, wenn man dann im Bossfight das Ding benutzt, eine 2 würfelt, und der Gegenstand ist weg, ohne eine Wirkung gehabt zu haben. Außerdem verliert man jeden Gegenstand nach einem Szenario bei einer 4-6 auf einem w6.
- Wie in alle aktuelleren GW-Spielen ist einiges auf englisch geblieben. Bei den Charakternamen kann ich das ja noch verstehen (So sind die Helden eben der “Fireslayer Doomseeker”, der “Excelsior Warpriest” usw.), aber gerade bei den Eigenschaftswerten und den Angriffen der Helden ist das total störend. Zumal andere Sonderfertigkeiten wieder Deutsch sind. So besitzt der “Darkoath Chieftain” als “Weapon Actions” die “War Axe” und das “Broadsword”, und kann die Spezialfähigkeit “Sturmangriff” (Die im Text übrigens sogar sagt “und führe danach eine Waffen-Aktion deiner Wahl durch”, das Wort “Waffen-Aktion” taucht aber sonst nirgendwo wieder auf. Die Tabelle heisst wie gesagt “Weapon Actions”) nutzen. Auch die Stats sind dann halt "Move, Save, Agility, “Range”, “Hit”, “Damage”. Da bin ich kein großer Fan von.
[SIZE=5]Fazit[/SIZE]
Als Fazit würde ich also sagen: Als schneller, spaßiger Dungeoncrawler ist es sehr zu empfehlen, wenn ihr aber Helden leveln, Komplexe Aktionen ausführend und ein wirkliches Gefühl von Kontinuität haben wollt, greift eher zu sowas wie Gloomhaven.