Vorweg: Ich liebe beide Systeme. Jedes ist auf seine Weise toll und einzigartig und schafft es, mich zu begeistern.
“W. - die Apokalypse” hat mit einem gänzlich uninteligenten, außer Kontrolle geratenen Urprinzip als Hauptwidersacher meines Erachtens einige logische Schwachpunkte. Eine Welt, in der solch ein grundlegendes Element nicht funktioniert, kann eigentlich nicht überleben.
Sicher, man kann argumentieren, dass es sich bei der ganzen Geschichte nur um die Sichtweise und die Legenden der Werwölfe handelt und es in Wahrheit ganz anders und weitaus komplizierter ist, aber dennoch bietet diese Geschichte so wie sie sich nun mal darstellt nicht sonderlich viel Tiefe. Im Grunde ist es: Der Wyrm ist irgendwann irgendwie böse/verrückt geworden und muss nun bekämpft werden (wie immer man auch ein grundlegendes Prinzip bekämpfen möchte).
Dieser weltweite Konflikt - der Kampf um die Rettung der Welt - ist sicherlich immer für eine heldenhafte Geschichte gut. Aber er schränkt die ganze Thematik doch auch sehr ein. Die gesamten Werwölfe sind mehr oder minder weltweit organisiert und führen einen riesigen Untergrund-Krieg jenseits der Augen gewöhnlicher Sterblicher (so wie die Vampire und Magi auch) - daneben bleibt nicht viel Raum für eigene Ideen.
Die verschiedenen Gestaltwandler-Rassen mit ihren speziellen Aufgaben im großen Weltplan mögen sicherlich ihren Reiz haben. Auf mich wirkte die alte WdD deswegen aber ziemlich überladen und einige Auswüchse (wie Werhaie, Werspinnen, Werschlangen oder gar Werechsen/-drachen) wirkten auf mich eher grotesk und unsinnig als stimmungsvoll.
“Werwolf - Pariah” sieht die Werwölfe weitaus mehr als tragische Helden. Sicher haben sie immer noch eine heldenhafte Aufgabe - auch wenn es nicht mehr die Rettung der Welt vor dem ultimativ bösen sein mag - aber sie sind auch die Söhne und Töchter von Vatermördern. Der gesamte Epos gefällt mir weitaus besser und wirkt auch wesentlich durchdachter und ausgereifter.
Das Leben des Werwolfs ist hier geprägt von alltäglichen Bedrohungen. Vor allem die Tatsache, dass ein Rudel nun ein festes Revier bewohnt, es verteidigt und mit anderen Rudeln in Konkurrenz lebt, finde ich wunderbar passend zum wölfischen Wesen. Generell bietet die fehlende weltweite “Dachorganisation” viel mehr Raum für eigene Vorstellungen - und das ohne von den “offiziellen Vorgaben” großartig abweichen zu müssen.
Der Konflikt mit den reinen Stämmen mag auf der gesamten Welt gegeben sein, aber er vermittelt eher das Gefühl einer immerwährenden latenten Bedrohung als das eines offenen Krieges.
Ich habe den Eindruck, eine Chronik erzählen zu können, in der die reinen Stämme aktiv niemals auftauchen, ohne dass ich (oder die Spieler) das Gefühl hätten, es würde etwas fehlen - dies könnte ich bei Apokalypse nicht sagen, was den Wyrm und seine Diener betrifft.
Auch mag ich es, dass es nicht mehr diese Schwemme von Werwesen gibt. Eigentlich ist mir der Wolf genug. Die Idee von Ratten und Spinnen in menschenähnlicher Form wurde in Form von Geistern umgesetzt.
Auch wenn es schwer ist, all meine Gedanken geordnet in Worte zu kleiden, so denke ich, dass dies schon mal grob erklärt, wo ich die Vorteile der “neuen Welt” sehe. Ich kann gut verstehen, dass sie nicht jedermanns Geschmack ist, aber ich sehe in ihr eine deutliche Verbesserung.