Eine Rollenverteilung bekommt man ohne Klassen durch die gewählten Fähigkeiten. Wie im WoD System zum Beispiel. Deine gewählten Attribute und Fertigkeiten bestimmten deinen Beruf, deine Funktion auch deine Besonderheiten, die man sonst nicht in diesem Beruf findet. Wie der harte Kämpfer, der auch sehr gerne schöne Liebesgedichte schreibt. Aber es nun mal leichter ist mit dem Schwert statt mit der Feder Geld zu verdienen. Aber wenn er könnte wäre er Künstler.
Ich habe mal in D&D 3.5 eine Fighter gespielt, bei der es sich ergeben hat, dass sie Kutsche fahren lernt, weil so als reisende Abenteuerin war das doch sinnvoll und hilfreich. Außerdem mochte sie Pferde. Aber als Fighter war das verdammt teuer mit den wenigen Skillpunkten eine Nicht-Klassenfertigkeit zu lernen.
In Midgard 4 war es die weiße Hexe, die eine Mondgöttin angebetet hat, weshalb ich dachte Sternenkunde wäre recht passend, weil Mondphasen, Nachthimmel und so. War aber eine Ausnahmefertigkeit und damit sehr, sehr teuer zu steigern.
Eine Klasse steht dann ihm Weg wenn meine Vorstellung meiner Wahrsagerin (z.B.) mit der Vorstellung einer Wahrsagerin der Person, die sich die Klasse ausgedacht hat, auseinander geht. Ich stelle mir eine Seefahrerin vor, die mit ihrer Truppe Wikinger Runen wirft und aus den Wellenformationen Omen ableitet. Der Regeldesigner denkt, aber an die fahrende Gauklerin mit Tarot-Karten und ihrer Kristallkugel und einem bunten Wagen und findet deshalb, dass die Klasse Wahrsagerin die Fertigkeit Seefahrt nicht braucht, nicht lernen oder nur sehr schwer lernen kann. Meine nutzt sie aber täglich und meine Idee ist nicht total abartig oder an den Haaren herbei gezogen.
Mir ist klar, dass dabei ein gewisses Balancing beachtet werden muss und die drei Game-Winner-Skills auf drei verschieden Rollen liegen, damit nicht ein Charakter alle hat. Aber häufiger sind es irgendwelche Kleinigkeiten, die harte Charakterentwicklungswährung kosten, aber dafür keinen großen spieltechnischen Nutzen haben. Wie meine Wahrsagerin mit Seefahrt, die mit ihrer seltsamen Gruppe jetzt andauert an Land herum läuft (bis sie endlich wieder zu Hause ist).
Natürlich setzt jede Gruppe verschiedene Schwerpunkte im Rollenspiel. Kochen wird sehr unterschiedlich behandelt, ein gutes Essen kann die ganze Moral der Truppe heben und extrem wichtig sein. Oder auch nicht, weil man spielt doch nicht aus, wie die Charaktere essen, denn das kann/muss man schon im Alltag machen.
Eine Klasse kann natürlich Ideen in den Köpfen der Spieler triggern. Blutmagier! Jo, die Idee gefällt mir. Ich zaubere mit Eigenblut, ritze mir immer wieder den Arm auf oder opfere beim Zaubern jedes mal eine Ratte oder male arkane Symbole mit Blut auf den Boden. Viel cooler als Buch und Hut und Bart und Robe. Von daher sind sie nicht grundsätzlich schlecht. Aber die Idee könnte man auch ohne Klassen Angebot haben und den oben beschreiben Blutmagier kann man so wahrscheinlich in recht vielen Fantasy-Rollenspielsystemen und Settings spielen.