Hallo, geschätzte Community,
ihr alle habt es: euer Lieblingssystem, das ihr gerne und sooft es irgend geht spielt. Und manchmal taucht etwas neues am Horizont auf, von dem ihr denkt: “Bäm, das wird der neue, heiße Sche*ß!”
Und dann…
folgt das Erwachen in der Realität und die Erkenntnis: “Das war es leider doch nicht!”
Mir ist es da wir euch ergangen und ich stelle meine Erkenntnis an dieser Stelle gerne zur Diskussion.
Viele von euch erwarten jetzt vielleicht die Dresden Files von Prometheus (der Grund liegt auf der Hand… oder eben nicht), DSA 5 (mit dem viele Spieler nicht klar kommen und daher immer noch an 4.1 hängen - was die unglaublichen Preise vieler vergriffenen 4.1 Publikationen erklärt), Pathfinder 2 (würde es sicher auch in meinen Flop-10 schaffen), einer der diversen Übersetzungsunfälle aus dem Hause Ulisses…
Nein. Mein persönliche größte Enttäuschung ist das wohl ambitionierteste Rollenspielprojekt des letzten Jahrzehnts, dass in diesem Jahr seinen inoffiziellen 10ten Geburtstag (Publikumsvorstellung) “feiert” und dessen Erstpublikation nächstes Jahr sein 10-jähriges “feiert”. Ich spreche vom Fantasy-Rollenspiel Splittermond. Einer kompletten Neuentwicklung aus dem Hause Uhrwerk Verlag. Ein Projekt, das von einer Reihe namhafter (ehemaliger DSA-Autoren/Redakteure) Veteranen der Rollenspielbranche ins Leben gerufen wurde und mit dem (zumindest inoffiziellen) Ziel angetreten war ein besseres DSA zu sein (spannend, wenn man bedenkt, dass der Verlag parallel mit Myranor und Tharun zwei offizielle DSA Lizenzen veröffentlichte).
Was ist also aus diesem Anspruch geworden und warum ist das Spiel zu meiner persönlich größten Rollenspielenttäuschung der letzten 10 Jahre geworden?
Zunächst wurde die Welt des Rollenspiels (im gleichnamigen Erstlingswerk) vorgestellt. Mein Eindruck: WOW! Der Kontinent viermal so groß wie Aventurien (ich nehme DSA als Reverenz, wie sich das Spiel (zumindest nach inoffiziellen, aber immer wieder gehörten Aussagen, genau it messen möchte)), ein mysteriöse Hintergrundgeschichte, die eine geopolitische Neuausrichtung der gesamten Welt nach sich zog, eine zusätzliche Dimension, die das Reisen zwischen den einzelnen Gebieten der Welt beschleunigt und zudem eine Welt in der Welt verspricht, Heldentypen (Varge, Gmome) und Gegenspieler (Rattlinge) abseits des bekannten Ork-Goblin-Elf Gefüges, unterschiedlichste Kulturen, nebst einer untergegangenen Herrscherkultur und einer nicht minder mysteriösen verschwundenen Kultur (?)… alles mit unheimlich viel Potential ausgestattet. Daneben noch “white spots”, also Flecken auf der Landkarte, die einzig und allein der Phantasie der Spieler vorbehalten bleiben.
Auch das Regelwerk mit unterschiedlichen Würfeloptionen, Magieoptionen für alle und einem Kampfsystem, das ein gutes Waffenbalancing hinbekommt.
Hatte ich am Anfang also noch gedacht: “Hey, wenn dir die Regeln nicht zusagen, kannst du ja (zum Beispiel) FATE Regeln in der Welt spielen.”, konnte ich nach Studium der Regeln feststellen: “Hey, das passt!”
Moment, hatte ich nicht etwas von der größten Rollenspielenttäuschung der letzten 10 Jahre erzählt?
Halten wir an dieser Stelle also fest: Gutes Regelwerk und tolle Welt mit unheimlich viel Potential!
Das weckt Erwartungen. Und das ist das Problem. Also nicht das Problem per se, sondern das Problem, wenn das vorhandene Potential nicht genutzt wird.
Zunächst hat das Regelwerk für die Magie unglaubliche vier Jahre (!) auf sich warten lassen. Wir erinnern uns: Magie steht jedem Helden zur Verfügung.
Das ist… schade. Charmant formuliert.
Muss man nicht unbedingt drauf warten, kann man aber.
Dann erlitt der Verlag Schiffbruch (Insolvenz, vielleicht war dieses Projekt zu ambitioniert?), was der weiteren Entwicklung des Spiels wahrscheinlich nicht gut getan hat, und viele Autoren der ersten Stunde, inkl. dem Chefredakteur, gingen von Bord. Die Neubesetzung des Chefredakteurpostens hat in Teilen der Fangemeinde für Stirnrunzeln gesorgt und die Qualität der Neuerscheinungen… würde nicht unbedingt besser.
Das alles ist aber nicht das Problem des Spiels. Sicher: es hat die herausragende Startposition geschwächt, aber das eigentliche Problem ist wohl…
In knapp 10 Jahren wurden reihenweise Abenteuer, Regionalbeschreibungen und mehr oder weniger nützliche Hilfsmittel publiziert. Aber: was wurde aus dem Plot, der Hintergrundsgeschichte, spannenden NSCs, etwas (!) allübergreifendem, einem Meta, irgendetwas, das uns antreibt weiterzuspielen, weil wir wissen wollen… wie es halt weiter geht.
Null. Nichts. Nada. Niente.
Weshalb spielen wir DSA (wenn wir es denn spielen)? Und jetzt: was fehlt mir also bei Splittermond?
Voila: DAS ist der Grund, warum Splittermond für mich die größte Rollenspielenttäuschung der letzten 10 Jahren ist. Großes Potential ungenutzt verschwendet.
Wie ist eure Meinung dazu?
Sehr ist es auch so, ähnlich oder ganz anders?