Da ich das Urteil nicht gelesen habe und auch nicht lese, verweise ich lieber auf die Zusammenfassungen von Dr. Bahrs Kollegen, die für Nichtjuristen verständlicher sind:
Insgesamt ergibt sich also folgende Abstufung:
Forenbetreiber haften nicht für Kommentare, sofern klar ist, dass die Kommentare von Dritten stammen und nicht unbedingt die Meinung des Forenbetreibers wiedergeben.
Forenbetreiber müssen die Kommentare nicht vorsorglich kontrollieren, es sei denn, sie haben rechtswidrige Äußerungen “provoziert”.
Werden rechtswidrige Äußerungen beanstandet, muss der Forenbetreiber künftig von sich aus kontrollieren, ob es zu erneuten Verstößen kommt.
Das OLG scheint mir ein recht vernünftiges und nachvollziehbares Haftungskonzept darzulegen. Nachschauen muss der Forenbetreiber, wenn er Äußerungen selbst provoziert oder durch vorangegangene Ereignisse gewarnt ist. Er muss nur da (in dem Unterforum / Thread) nachschauen, wo Rechtsverletzungen zu erwarten sind und er muss als Gewerblicher eher auf der Hut sein als ein Hobby-Forenbetreiber.
Interessanterweise hat das LG Hamburg in seiner Entscheidung in der Sache kaum anderes dargelegt – allerdings in der Tat auf dem Boden eines sehr viel restriktiveren Ansatzes.
Im Ergebnis lässt es sich trefflich streiten, was das neuerliche Urteil für Auswirkungen haben wird. Letztlich haben LG und OLG beide nur einen – wenn auch prominenten – Einzelfall entschieden, wie das Gerichte nun einmal tun (müssen). Die Kriterien sind vom BGH vorgegeben und vernünftig. Wann konkret eine Prüfpflicht verletzt ist, wird auch in Zukunft von Sachverhalt zu Sachverhalt unterschiedlich beurteilt werden.
Weitere Aufreger sind mithin durchaus zu erwarten.
Ein weiteres oberes Gericht, das OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.06.06, Az.: I-15 U 21/06) hat sich zur Haftung eines Forenbetreibers wegen Persönlichkeitsverletzungen geäußert:
“…Der Umfang der dem Diensteanbieter [Anm. des Autors: Diensteanbieter ist der Forenbetreiber] obliegenden Prüfungspflichten bestimmt sich nämlich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH a.a.O S. 670 m.w.Nw.)…”
aber:
“…Nach diesen Grundsätzen traf den Verfügungsbeklagten [Anm. des Autors: den Forenbetreiber] daher nur die Pflicht, ihm bekannt gewordene Beiträge rechtsverletzender Art unverzüglich zu löschen (vgl. dazu Burckhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 10 Rdn. 243)…”
Es wurde also entschieden: Dem Diensteanbieter obliegen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG keine allgemeinen Überwachungs- oder Forschungspflichten dahingehend, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden sind.
Aha, bedeutet also, man muss als Forenbetreiber nicht ständig schauen ob rechtswidrige Inhalte (Dateien, Texte, Bilder usw.) im eigenen Forum herumschwirren. Aber man muss nach Anforderung des echten Rechteinhabers, diese Inhalte unverzüglich löschen. Richtig ???
Ihr müßt beachten, daß die Urteile erst in der Berufungsinstanz entschieden worden und die vorherigen Entscheidungen stets zu Ungunsten des Forenbetreibers lauteten. Es lief also wie folgt: Abmahnung (meißt mit beigefügter Unterlassungserklärung, in der auch die Kostentragung gefordert wird), der Forenbetreiber läßt die Frist verstreichen bzw. gibt die Erklärung nicht so ab, daraufhin beantragt der Rechteinhaber eine einstweilige Verfügung, diese wird antragsgemäß erteilt, der Forenbetreiber legt dagegen Widerspruch ein, dieser wird abgewiesen und sodann geht er in Berufung.
Dies erfordert einen längeren Atem, im o.g. Fall von Oktober 2005 bis Juni 2006.
Erst wenn sich die von den OLG’s vertretene Meinung in der Rechtsprechung festigt (es ist eine Tendenz erkennbar) und diese höchstrichterlich (BGH) bestätigt wird, kann man Schlüsse ziehen. Es wird bei einer Überwachungspflicht des Forenbetreibers bleiben, die jedoch verschieden zu betrachten ist. Gewerblich/Nichtgewerblich, bereits bekannte Rechteverletzungen, Aufstachelung etc. Jedoch wird nicht (mehr) eine ständige Kontrolle aller Kommentare, notfalls auch mit einer Freischaltung vor Veröffentlichung, von einem nichtgewerblichen Forenbetreibers ohne Grund gefordert.
Auf jeden Fall ist ein Forenbetreiber verpflichtet, nach Aufforderung die Rechteverletzung zu beseitigen.
Und ich kann nur raten, es möglichst nicht zu einer Rechteverletzung kommen zu lassen und diese bei Erkennen sofort, auch ohne Aufforderung durch den Rechteinhaber zu beseitigen. Denn sobald eine anwaltliche Abmahnung erfolgt, ist es möglicherweise stets zu spät.