[SIZE=3]Die Seasprite hatte im Hafen fest gemacht. Die Zollformalitäten waren von Karoline mit Routine erledigt worden. Ungefähr ein Viertel der Mannschaft bekam Landurlaub. Auch Pelgram hatte sich “stadtfein” gemacht, wie er es nannte. Nichts erinnerte mehr an den Kämpfer. Nun war er wieder ganz der Händler, der unter Bedeckung von zwei Leibwächtern reiste. Er hatte verkündet, dass er sich auf die Suche nach dem Magier machen wolle. Die Karten hatte er wohlweislich nicht dabei. Karoline hatte sich entschieden an Bord zu bleiben, um die Reparaturarbeiten selbst zu überwachen, während Wolfram von Eschenbach an Land darauf achtete, dass die beurlaubten Mannschaftsmitglieder nicht zu sehr über die Strenge schlugen. Pelgram stand zusammen mit Hashtet und Olil an der Reling und wartete darauf, ob Eluned und Luca ihn begleiten würden.
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AW: Kap. 12: Trondheim
[SIZE=“3”]Bevor wir an Land gingen, sah ich nochmal meine Ausrüstung durch.
Die Ersatzkleidung, die ich von Karoline bekommen hatte, passte ganz gut zu meinen erhalten gebliebenen Kleidungsstücken. Nur an die Hose musste ich mich noch gewöhnen. Damit ich weiterhin die Stiefelscheiden ohne Probleme erreichen konnte, steckte ich die Hosenbeine in die Stiefel. Zwar fiel mein Wollumhang bis zu den Knöcheln, aber wenn jemand genau hinschaute und wusste, worauf er zu achten hatte, waren die Dolche jetzt sichtbar. Das gefiel mir zwar nicht, aber auf sie zu verzichten kam nicht in frage.
Neben meinen Waffen nahm ich auch noch ein paar nützliche Kleinigkeiten mit: meine Pfeife und den Tabak, Schreibutensilien, ein kleiner Trinkbecher aus Horn und mein Essbesteck fanden platz in einer Umhängetasche; eine Handvoll Lederriemchen verstaute ich in einem Beutelchen an meinem Gürtel, wo ich auch meine nicht mehr ganz so gut gefüllte Geldkatze anhängte.
Etwas misstrauisch sah ich mich nocheinmal um, bevor ich die Kajüte verliess. Irgendwie hatte ich das Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben… ich runzelte die Stirn als mir nichts einfiel, schob mein Unbehagen auf die ungewohnte Kleidung und ging nach draussen, wo Pelgram und seine Leibwächter schon warteten. In Gedanken an den gestrigen Tag lächelte ich vergnügt als ich auf ihn zutrat.[/SIZE]
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[SIZE=“3”]Am Mittag erreichten wir Trondheim und ich atmete innerlich tief aus. Endlich Land. Ich war des Meeres überdrüssig und hatte schon ganz vergessen, wie eine Stadt aussah - kam mir jedenfalls so vor. Als Eluned sich bis an die Zähne bewaffnete grinste ich sie an. Sie erwartete wohl immer einen Krieg! Dann zog ich mir das weiße Hemd an, welches weit ausgestellte Ärmel hatte die mir bis über die Fingerknöchel reichten, und mich noch zierlicher machte als ich ohnehin schon wirkte. Wie gesagt, wirkte. Die Hose war ganz angenehm, sie passte und fand auch gut Platz in den Stiefeln. Ich betrachtete mich kurz von oben herab und zuckte die Schultern. Das weiße etwas zu große Hemd, die enge Hose, und die Stiefel dazu gaben ein nicht gar so schlechtes Bild ab.
Ich fuhr mir mit einer Hand durch die Haare und ging dann zusammen mit Eluned hinaus und zu Pelgram. Ich hatte aufjedenfall vor, mit in die Stadt zu gehen, ich wollte mich umschauen und brannte darauf wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. [/SIZE]
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[SIZE=3]“Ah, da sind die Damen ja endlich!” Pelgram tat seltsam affektiert. Seine Lederstiefel waren frisch gewachst, seine grüne Pluderhose schien aus Samt zu bestehen. Das weiße Hemd hatte Spitzen und die ebenfalls grüne Weste war aus feinstem Rehleder gegerbt. Im Gürtel hatte Pelgram einen Degen stecken, der mehr nach Zierrat aussah als nach Waffe. Das Tollste war jedoch sein großer Federhut, dessen Federn Eluned auf den ersten Blick wertvoller erschienen als der ganze Rest seiner Ausstattung. Jetzt zog Pelgram auch noch ein Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich die Stirn. “Immer wartet man auf die Damen!”, sagte er laut! Luca und Eluned konnten gerade noch rechtzeitig vor dem Losprusten aus den Augenwinkeln erkennen, wie Wolfram von Eschenbach den Zollbeamten von Bord geleitete. Dann hatten sie kapiert! Pelgram spielte ein Spiel. Das konnte heiter werden.
“Olil, besorge er uns eine Sänfte!” fuhr Pelgram fort! Olils Mundwinkel zuckten gefährlich, bevor er nickte und sich geschwind von Bord begab. Den beiden Frauen fiel auf, dass auch Pelgrams Leibwächter “besser” angezogen waren als sonst. Offenbar legte ihr Herr wert darauf, seine Möglichkeiten kund zu tun indem er seine “Diener” hochherrschaftlich kleidete. Dann bot Pelgram den beiden Damen seine Arme an, um sie von Bord zu geleiten. “Kommt, meine Lieben! Wir warten dort unten, wo es nicht so schrecklich schaukelt!”
Eluned fiel auf, dass der Zollbeamte unter einem Vorwand stehen geblieben war, um Pelgram uns seine Begleitung zu beobachten. Wurden sie bereits erwartet?
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[SIZE=“3”]Als ich Pelgram sah grinste ich. Er wirkte wie ein Schauspieler in einem viel zu großem Kostüm. Ich schüttelte lächelnd den Kopf als Pelgram affektiert mit seinem Tuch wedelte und sich die so garnicht feuchte Stirn tupfte. Als ich mich umwandte, entdeckte ich den Zollbeamten und verstand augenblicklich. So drehte ich mich wieder zu Pelgram und den anderen beiden und blieb dann etwas schräg hinter ihnen stehen.
Erst als Pelgram los maschierte folgte ich, ließ jedoch seinen Arm unbeachtet. Ich musste nicht zur Show gestellt werden, es genügte völlig, wenn ich einfach hinterher ging. Ich war nicht Pelgrams Schmuck, und er sollte sich bloß nichts einbilden.[/SIZE]
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[SIZE=“3”]Was für ein Schauspieler! Innerlich schüttelte ich den Kopf als ich mich Pelgrams Anblick an einen anderen Meister der Täuschung erinnerte. Für einen winzigen Moment verengten sich meine Augen und ich warf ihm einen misstrauischen Blick zu.
Schnell senkte ich die Lider und als ich ihn wieder ansah war in meinem Blick nichts als süße Liebenswürdigkeit.
Zustimmend neigte ich leicht den Kopf, legte meine Hand auf seinen Arm und tätschelte mit der anderen sanft seine Schulter:
“Mein armer Schatz! Gleich hast du es geschafft. Dann hast du wieder festen Boden unter den Füßen.” flötete ich und machte eine mitleidvolle Miene.[/SIZE]
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[SIZE=“3”]Langsam folgte ich den vieren, doch ich sah mich immer wieder unauffällig um. Ich hatte meine Hände in den Taschen und musterte die Umgebung. Nichts auffälliges und so sah ich zurück zu den anderen. Ich fixierte den Rücken von Pelgram und malte mir aus, was alles passieren könnte wenn Pelgram der war, den ich damals gesehen hatte…[/SIZE]
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[SIZE=3]Die Gruppe hatte kaum den Kai erreicht, als auch Olil bereits neben einem Kutscher auf dem Kutschbock sitzend mit dem bestellten Gefährt ankam. Hashtet hielt den Damen und Pelgram grinsend die Tür auf, dabei zwinkerte er Luca zu, und bestieg dann selbst die Stufe am hinteren Ende des Gefährts. “Marktplatz!” schnarrte Pelgram dem Kutscher zu als alle Platz genommen hatten und lehnte sich dann zurück.
Die Fahrt dauerte fast 30 Minuten und führte zuerst durch enge schmutzige Hafengassen in denen Kinder oft bettelnd die Hände ausstreckten. Pelgram ließ gönnerhaft ab und zu ein paar Kupfermünzen durch die Luft fliegen und die Kinder verbeugten sich dann hinter der Kutsche, bevor sie nach den Münzen liefen. Dann folgten ein paar bessere Viertel der großen Hauptstadt des Nordens, bis endlich das Zentrum erreicht und das Vorankommen der Kutsche immer schwerer wurde. Schließlich hielt der Kutscher sein Gefährt an und drehte sich um “Weiter geht es nicht, mein Herr! Doch seht da vorne sind die ersten Marktstände.” Pelgram nickte gönnerhaft und hieß Hashtet die Tür zu öffnen. Er stieg zuerst aus und reichte dann den Frauen nacheinander die Hand. Der Kutscher erhielt über Olil ein Silberstück, wofür dieser sich mit mehreren Bücklingen bedankte. Dann sagte Pelgram zu Hashtet, während er Luca fixierte. “Hashtet, ihr werdet mit meiner Tochter über den Markt schlendern. Sie kann kaufen was sie will, aber ihr seid für ihre Sicherheit verantwortlich!” Dabei gab er Luca einen klingelnden Beutel. Hashtet verbeugte sich kurz und sagte “Ja, Herr!” Offensichtlich hatte sich Hashtet wunderbar im Griff. “Wir treffen uns dann in zwei Stunden in diesem Gasthaus dort wieder.!” Dabei deutete Pelgram auf eine goldene Sonne, die an einem Schild vor einem Gasthaus hing. “Und du, meine Tochter, mache Hahstet nicht so viele Schwierigkeiten! Klar?”
“Und wir beide, mein Schatz, werden uns nach einem schönen Schmuckstück für dich umsehen!”, sagte er lächelnd zu Eluned und hielt ihr erneut den Arm hin. Dann bedeutete er Olil vorne weg in Richtung Marktstände zu gehen.
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[SIZE=“3”]Ich nahm in der kutsche platz und schwieg die ganze Zeit über. Mein Blick galt den Häusern, den armen Kindern deren Elend ich kaum ertragen konnte. Doch ich verhielt mich ruhig und warf Pelgram lediglich einen angewiderten Blick zu, als er gönnerhaft und arrogant die Münzen auf die Straße warf. Dann drehte ich den Kopf und blickte wieder zur Seite. Als wir in das Gedrängel kamen, stieg ich nach Eluned aus der Kutsche und blinzelte in die Sonne. Es war angenehm warm und eine leichte Brise wehte.
Als Pelgram mich ansah und mich >seine Tochter< nannte, hätte ich ihn beinahe zornig angefunkelt, doch ich besann mich und hob den Kopf, ohne eine Miene zu verziehen. Als er mir dann auch noch Hashtet “mitgab” und mit Eluned im Begriff war zu gehen, hätte ich mich am liebsten übergeben. Sein Getue widerte mich nach wie vor an. Ich hielt in den Händen den Beutel und sah zu Pelgram . “Oh danke, Papa! Wie großzügig von Euch!” gurrte ich mit tödlichem Unterton. Dann reichte ich den Beutel an Hashtet weiter und meinte nur “hier, kauf dir etwas schönes!” ehe ich an ihm vorbei ging und im Gedrängel zu verschwinden drohte. Mein Ärger galt nicht Hashtet und ich hoffte, er würde es nicht allzu schlecht aufnehmen…[/SIZE]
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Fortsetzung siehe 12b und 12c!
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