AW: Kap. 2: Karoline …
[SIZE=“3”]Ich wurde langsamer… meine Schritte kamen unregelmäßiger und ich kehrte mit einem Ruck zurück in die wirkliche Welt. Mir wurde wieder alles bewusst und die Gedanken strömten auf mich ein. Was war nur mit mir los? Ich erkannte mich selbst nichtmehr wieder, und konnte mich mit meinem “neuem Selbst” nicht anfreunden. Früher fand ich stets die Stärke in mir, die nun in ihren fundamentalistischen Säulen erschüttert war und zu bröckeln begann. Mir machte dieser neue Zustand angst, und ich konnte ihn dennoch nicht verändern. War das ein neues Kapitel? Ein Kapitel, das wir alle früher oder später aufschlagen mussten? Meines kam mir wenig beschrieben vor. Als hätte ich die Augen geschlossen, und als ich sie aufmachte fand ich mich in einem imaginären Raum wieder. Dort stand ein kleiner Holztisch, ein Buch lag darauf und eine Feder mit einem Tintengefäß. In dieser Einbildung schlug ich das Buch auf und fand lediglich leere Seiten Pergament vor. Ich sollte sie beschreiben, sollte mein eigenes Kapitel schreiben und bestimmen…
Doch die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Hier fand ich mich auf einem Marktplatz wieder, der über und über mit bunten Stoffen und kulinarischen Wundern gefüllt war…
Ich erkannte die mich streifenden Blicke die wie heiße Glut auf meiner Haut brannten. Alle sahen mich komisch an, alle hatten diese “Sie ist fremd”- Blick drauf. Wie ich das hasste… Ich hatte das schon früher in Frankreich immer bei Pain bemerkt. Er war ein portugisischer Stricher, blass mit saphiren Augen und schwarzer Mähne… Er fiel neben mir auf, wir waren ein ungleiches Gespann. Was hatte die alte Marktfrau einst gesagt? “Pain, du wirst von der Sonne auch nicht geliebt was?” Er stand nur lächelnd da und zuckte die schlaksigen Schultern. Er antwortete lediglich “Dafür habe ich ja sie dabei, sie ist meine vorzeige Hautfarbe” Ich empfand das als lustig, und er meinte es völlig ernst…
Erneut traf mich ein Blick wie ein Dolchstoß. Ich sah anders aus, hatte eine andere Hautfarbe, nicht gravierend dunkel doch gut gebräunt und - … anders. Dazu die giftigen grünen Augen und das dunkle Haar, ich hatte niemanden gesehen der mir ähnelte…Sie alle hier waren entweder blass und blond oder blass und dunkel. Kein Wunder das ich auffiel… Ich sah mich um. In diesen Klamotten half ich mir auch nicht wirklich. Mein dürrer Körper, ausgezehrt von den Strapazen der letzten Wochen, fiel sehr heraus aus den weiten Kleidern. Ich benötigte etwas anderes, ansonsten würde ich nur nochmehr auffallen…
Ich beschloss mir etwas zu ergattern, irgendwo hinten auf dem Marktplatz, irgendwas was passte und das mich vielleicht etwas mehr kleidete. Ich hatte nie den Drang zu schönen Stoffen und freizügigen Kleidern, doch die Kleidung von Eluned, war vermutlich von einem befreundetem Mann entliehen, der um mindestens zwei Köpfe größer war als ich und auch dreifach so breit.
Es erwies sich als schwierig etwas passendes zu finden. Durch die lange Zeit ohne Nahrung und durch die Strapazen, hatte sich mein Körper wohl entschieden bedrohlich abzubauen. Man sah es nicht direkt, doch ich spürte, dass ich an Kraft und Fleisch verloren hatte. Mir war es unangenehm auf dem Markt nach Kleidung zu suchen, aber wenn Eluned sich ab hier alleine durchschlagen wollte, musste ich ihr die Sachen wiedergeben. Ich seufzte, blickte einmal umher und entdeckte einen Marktstand, an dem kaum einer war und ich in Ruhe nach passenden Kleidungstücke suchen konnte. Am liebsten wären mir meine Kleider gewesen, doch die waren irgendwie unauffindbar , Eluned oder einer der Menschen in dem seltsamen Dorf hatten sie vermutlich entsorgt. Ein weiterer Seufzer durchfuhr meine Lippen… vermutlich waren sie auch nichtmehr zu retten gewesen. Salzig, sparkig und vermutlich völlig gebleicht.
Ich blieb an dem Stand stehen, blickte hinab und ließ meine Finger langsam aus den Taschen gleiten. Die Verkäuferin beobachtete mich und zuckte zurück, als wollte ich etwas Böses. Ich sah sie fragend an und sie lächelte verlegen. Ich schüttelte nur den Kopf und widmete mich wieder den vereinzelten Klamotten auf dem Tisch. Alles weniger mein Geschmack, dennoch konnte ich in meiner Lage nicht wählerisch sein. Hinzu kam, dass ich kein Quentchen Silber geschweige denn Gold besaß. Ich musste also irgendwie handeln, doch womit? Ich blickte an mir herunter und konnte nichts finden, was ich der Frau anbieten konnte… Ich strich mir in wachsender Verzweiflung mit der rechten Hand über das Gesicht, meine Fingerkuppen erfühlten die feine Naht der Wunde, und ich wusste ich würde eine leichte Narbe davontragen. Als ich die Augen öffnete, erblickte ich das glänzend Ding an meinem Arm. Welch wunder, dass es niemand gestohlen hatte. Ich senkte meinen Arm, blickte den Anhänger mit traurigen Gefühlen an. Wenn, dann würde er mir sicherlich weiter helfen…
Den Gedanken verworfen - fürs erste- durchsuchte ich den Tisch mit einigen schnellen Bewegungen. Ich entdeckte eine schwarze Hose, aus, für meines Wissens, gutem Stoff und dazu ein passendes Oberteil. Es war eine weiße Bluse, mit weitausladenen Armen doch an der Taille eng geschnitten, und einem normalem Ausschnitt. Ich sah die Frau erneut fragend an, und sie verstand wohl. Ohne ein Wort zu sprechen, deutete sie auf einen kleinen, durch Tücher abgeschirmten Bereich. ““Aha””, dachte ich, ““eine Anprobe, wow.”” Ich betrat den kleinen “Raum” und entledigte mich meiner Kleider. Ich stülpte die Bluse über den Kopf und blickte an mir hinab. Sie passte und saß mehr oder weniger perfekt, wenigstens sah ich nichtmehr aus wie in einen großen Sack gekleidet. Als ich wenigspäter hinaustrat, nickte die Verkäuferin lächelnd, wenn auch noch immer unsicher in meine Richtung und bestätigte damit die andere Wirkung die ich nun wohl zu haben schien. Ich nahm schweren Herzens das Armband ab und reichte es ihr. Sie beäugte dieses skeptisch und unterzog die Echtheit einem kritischem Blick, bis sie mit einem Kopfnicken bestätigte und ich erleichtert seufzte. Es war nicht richtig das Armband wegzugeben, doch es ließ sich nicht vermeiden. Ich zog meine Stiefel, die mir glückerweise noch geblieben sind, wieder an und stellte erfreut fest, dass sie sich sehr gut im Zusammenhang mit den anderen Stoffen sehen lassen konnten.
Ein verabschiedenes Nicken in Richtung der Marktfrau, verließ ich den Stand und trat hinaus auf die belebtere kleine Straße, die die Stände verursachten. Etwas selbstsicherer ging ich durch die Massen in Richtung des Gasthauses welches den Namen “Beissendes Pferd” trug. Mir entging nicht, dass die Menschen noch immer argwöhnisch in meine Richung blinzelten, doch wenigstens hier und dar einige der männlichen Bevölkerung stehen blieb und mir hinterher schaute. Pain hatte das stets aufgeregt. Er mochte es nicht, und er beschüzte mich stets, wenn jemand zuweit ging. Wie Darryl. Ich verwarf den Gedanken, als ich wenig später vor dem Gasthaus stand. Ich blickte abermals in die Spilunke und drückte dann die Klinke,das bündel mit Eluneds Sachen unterm Arm, hinunter, um einzutreten.
Als ich die Spilunke betrat, erkannte ich mit einem schnellem Blick, dass sie wenig besucht war. Dort sauften einige Männer und ein Blondschopf lallte irgendwelche Geschichten, und auf der anderen Seite, in einer Ecke, standen einige Muskelprotze um einen Tisch herum und schirmten diesen ab. Ich konnte allerdings Eluned und die Rothaarige nirgendwo sehen. Achselzuckend setzte ich mich an den Tresen und beobachtete das wenige Treiben in der Schenke…
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