ich bin nach 20 Jahren wieder in eine Runde eingestiegen und habe einen prebuild character aus der Einsteigerkampange übernommen. In meinem Charakterbogen steht dabei folgendes: “… Denn du weißt, du bist für höheres bestimmt.” Ein Satz, der Potential für Charakterentwicklung bietet und der bisher ganz gut funktioniert hat. Denn wenn meine Gruppe irgendetwas erreichen wollte und nen Dummen gebraucht hat, der es umsetzt, ja dann hab ich es halt gemacht - denn ich bin für Höheres bestimmt und der Ruhm soll mir gerne zuteil werden, wenn gewünschte Aktion zu erfolg führt. Und ja, mein Charakter ist nicht der Hellste Stern am Horizont.
Nun hat sich folgendes ergeben: Wir waren in einen blutigen Kampf mit einem tödlichen Encounter verwickelt, den ich mit einem Kritischen Schlag eröffnet habe, bevor ich nach einem kritischen Gegenschlag in der ersten Runde zu Boden ging und vor mich hin geblutet habe. Die Gruppe hatte keine Zeit mich zu stabilisieren und mein Körper wollte das auch nicht von alleine tun. Interessanterweise betete der Kleriker zu seiner Gottheit und das Gebet wurde in der Runde beendet, in der ich ausblutete und mein Puls aufhörte zu schlagen (das kam vom Timing tatsächlich hin und musste nicht gefixt werden), sodass ich voller Adrenalin von einer fremden Gottheit zurück aufs Schlachtfeld gerufen wurde (mit einem Lebenspunkt - ich habe echt schlecht gewürfelt in dem Moment), um meinen Bogen zu ziehen und den Kampf mit einem kritischen Treffer für uns zu entscheiden, während nun der Rest der Gruppe blutend am Boden lag.
Daraufhin kam die Gruppe zu dem Entschluss mit mehr Loot zu geben. Warum? Weiß der Teufel…
Für die Gruppe war das ganze ein echt cooler Encounter und das Ende wirkte irgendwie episch. Nun bin ich jedoch in der Zwickmühle. In meiner Wahrnehmung bin ich tot umgefallen, aus einem mit nicht bekannten Grund wieder aufgestanden und habe voller Adrenalin den Boss erlegt. Aber wie viel davon ist mir bewusst? Ist mir klar, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde tot war? Ist mir klar, dass eine Gottheit interveniert hat (und wenn ja, dann welche)? Stelle ich mich in den Dienst der Gottheit oder fühle ich mich nur bestätigt in der Wahrnehmung für etwas höheres bestimmt zu sein?
Ich sehe hier potential für das Spielerlebnis einen Mehrwert durch Character Development zu liefern und ich frage mich, wie andere Spieler mit der Situation umgehen würden. Ich freue mich auf eure Ideen und Vorschläge.
Wäre es mein Charakter, käme mir folgendes in den Sinn:
Habe ich ein “Erlebnis” (Vision) gehabt, als ich “beinahe tot” war ? (Mit dem SL absprechen)
Welche Folgen ergeben sich daraus und kann ich mir daraus Aufgaben/Ziele ableiten, die mein Charakter erfüllen/erreichen soll.
Einen Priester der Gottheit aufsuchen und befragen
Daraus vielleicht eine Quest entwickeln etwas zu suchen (einen göttlichen Gegenstand, einen bestimmten Ort …)
Wenn du es übertreiben willst, den Charakter aus dem Wissen heraus wagemutiger spielen (“Hach, ich kann doch gar nicht sterben. Ich werde beschützt!”)
Die Frage ist ja allgemein: Wenn dein Charakter zu höherem berufen ist, was soll das sein (vielleicht auch mal mit dem SL absprechen) → Spieler gesteuerte Erzählung im Gegensatz zur Story getriebenen Erzählung.
Sprich auch mit den anderen Spielern, ob sie deine Suche nach dem höheren Sinn deines Charakters unterstützen wollen. Dann setzt das ganze rollenspielerlisch um und schon habt ihr eine tolle Reise vor euch, die mit dem Höhepunkt des Erreichens der Bestimmung deines Charakters endet (und er vielleicht selbst ein “Engel” des Gottes wird).
Zumindest sollte dein Charakter sich dieser Gottheit in irgendeiner Form verbunden fühlen. Ich finde Flammraijls Punkt 1. auch ziemlich gut, denn es könnte ja sein das die Gottheit dich für irgendwas vorgesehen hat oder du dich selbst verpflichtet fühlst. Wäre ein guter Aufhänger für ein Abenteuer.
Also ich kenne mich in D&D ja null aus und habe keinen Plan, wie Spieler auf Gottheiten reagieren, bzw. inwiefern es Sinn macht, dass dein Charakter Kontakt zu dieser hätte, aber ich würde bei @Flammraijl 's dritten Punkt landen.
Ich meine, das ist doch die Bestätigung, dass dein Charakter mehr ist, als nur ein einfacher Abenteurer. Ein von den Göttern beschützter Held, der wie der Teufel unter den Gegnern wüten soll um irgendein großes Böses Wesen zu töten, die Menschen zu retten, ja sogar die die gesamte Welt.
Und mit dem Wissen geht der einfach wie ein Wahnsinniger überall rein, ohne Rücksicht auf seine Gesundheit, denn was soll schon passieren?
Was ich auch nicht außer Acht lassen würde: Der Charakter wurde ja nicht einfach so von den Göttern wiederbelebt, sondern erst durch das Gebet des Klerikers. Das könnte ihn zu verschiedenen Schlüssen führen - von der Erkenntnis, dass er für sich allein vielleicht doch nicht so besonders ist, über eine tiefere Verbundenheit zum Kleriker bis hin zur “Life Debt”. Vielleicht ist es für die Dynamik zwischen den Charakteren aber auch gerade spannend, wenn dein Charakter das Zutun des Klerikers völlig ignoriert und sich jetzt für heilliger als ihn, weil von den Göttern erwählt, hält.
Mich irritiert primär der Titel “Main Character Syndrome”, da ich in der Beschreibung kaum einen Hinweis dafür entdecken kann.
Der Charakter ist ja nicht die alleinige Hauptfigur, es hat sich lediglich ergeben, dass sich die eigene Meinung dieser Figur von der eigenen Bedeutung auf die Gruppe übertragen hat. Wie @SigmundFloyd das auch so schön bemerkt hat, wäre ohne dem Zutun des Klerikers auch nichts passiert und er wäre einfach gestorben. Das birgt natürlich das Potential eines Main Charakter Syndromes, aber warum nicht, wenn es dier Gruppe Spaß macht und eine gute Story erzählt? Ich empfehle, dass ihr euch untereinander darüber austauscht, wie ihr das weiter inGame handhaben wollt. Einige tolle Anregungen wurden hier ja schon gemacht.
Mich hat die Überschrift auch anfangs irritiert, aber andererseits passt es auch wieder.
Der Spielerchar hat ja nun was in den Sozialen Medien mittlerweile als Synonym für Narzissmus gebraucht wird.
Ich find es halt schwierig, nen Rat zu geben, wie man etwas ausspielen soll.
Aber natürlich weiß der Char doch in was für einer Welt er lebt und wie die funktioniert, also ich würde es so ausspielen: Er ist sich dessen bewußt, wie knapp es war, hat vielleicht schon sein Leben an sich vorbeiziehen sehen und plötzlich war’s vorbei mit der schönen Jenseitserfahrung. Und je nachdem wie abgründig du ihn spielst hadert er jetzt damit oder ist erst recht beseelt. Er könnte sich nun, grade wenn er nicht so helle ist, sich in einen Fanatismus reinsteigern - kann aber in der Gruppe lästig werden, also besser nicht zu viel, sonst erschlagen ihn die anderen.
Welche Gottheit, das müsst ihr klären, würd aber die nehmen, die ihn gerettet hat. Vielleicht hat er Symbole gesehen, sprich mit der SL ab was das gewesen sin könnte und dann würfel ob er’s kapiert hat im Zweifel.
Das mit der unbekannten Gottheit verstehe ich nicht ganz. Der Kleriker weiß doch, an welche Gottheit ey glaubt und zu welche gebetet wurde oder nicht? Somit sollte es nicht schwer sein es herauszufinden? Wenn man nicht eh schon weiß, mit welcher Art Kleriker man sich da eigentlich in Gefahr begibt.
Reaktionen der SCs sind denkbar viele, da wurde auch schon einige genannt. Tiefer Glaube, Fanatismus, zur Ruhe setzen, bevor es noch schief geht. Meine Erfahrungen mit D&D waren je nach Setting eher, dass Wiederbelebungen an der Tagesordnung sind. Da gibt es ein paar Zaubersprüche dafür und gut. Sterben bedeutet man wechselt die Ebene und kann eigentlich ‘jeder Zeit’ wieder zurück kommen, es braucht nur eine willige Klerikerperson, ein paar Gebete und je nach Edition einen Diamanten. Schon ist man wieder lebendig.
Das sollte man mit der Gruppe abklären, damit man weiß ob eingreifen einer höheren Macht außergewöhnlich ist oder an der Tagesordnung.
Ich würde es wahrscheinlich so spielen, dass ich in meiner Bewusstlosigkeit nichts von all dem mitbekommen hätte. Als DM hätte ich auf dem Spieler irgendein sichtbares Merkmal des Gottes hinterlassen (z. B. ein Brandmal, ungewöhnliche Farbe einzelner Haarsträhnen, goldener Ring in der Iris der Augen, …). Wichtig wäre mir nur dabei, dass die Veränderung zumindest von dem betroffenen Spieler, besser noch von der gesamten Party, gut bemerkbar ist. Als Spieler würde ich versuchen Antworten über die Bedeutung dieses Zustands herauszufinden. Das kann eine spannende Quest werden oder eine tolle Gelegenheit sein, um eine bedeutsamere Beziehung mit dem Kleriker aus der Gruppe zu etablieren.
Heyhey. Danke erstmal für die zahlreichen Antworten. Das zeigt mir, dass ich die Situation richtig einschätze.
@Screw ich hatte keine passende Idee für die Überschrift aber irgendwie passt sie halt doch und ich finds witzig. Der Charakterbogen, der dem Abenteuer beigelegt war hat eben die Beschreibung, dass ich weiß, dass ich für höheres bestimmt bin (und dafür einen Tempel einer in diesem Fall anderen Gottheit aufsuche, um mehr zu erfahren). Und so hab ich es bisher ausgespielt und der Kleriker meinte immer wieder “main charakter moment”, wenn ich meine Taten mit “für höheres bestimmt” gerechtfertigt hatte.
Meine Unsicherheit kommt vor allem daher, das ich nicht weiß, inwiefern die Kampange eh meine Ambitionen berücksichtigt und ein Religionswechsel die Kampange zerstört. Abber ich hab mir hier auf jeden Fall etwas herausgezogen und werd mit dem DM drüber reden und das irgendwie sinnvoll, konstruktiv und als Bereicherung für die Spielerfahrung einbauen: =) Dankeschön!
Naja…
In meinen Augen ist das ein Punkt, in dem du deine persönliche Charakterentwicklung betreibst. Du hast einen Trigger (dein Tod und die “Wiedererweckung”) und hast mehrere Wege, wie du deinen Charakter weiter spielen willst. Diesen wählst du, und gehst diesen Weg. Vielleicht setzt du dich deinem SL anschließend zusammen, und klärst auswirkungen oder veränderungen in deiner Charakterspielweise o.ä. noch mal ab. Das wäre dann noch ergänzend und hilft auch, Charakterentscheidungen zu verstehen. Was du natürlich bei den anderen Spielern im laufe der Runde durch die veränderte spielweise “beibringen” kannst (oder vorher erklärst, wenn ihr nur so spielt, das alle sich genau kennen).
Aber ein guter SL wird sich durch diesen Moment nicht die Kampagne schießen lassen. Vielmehr hat er, gerade bei längeren Runden, weitere Möglichkeiten Nebenereignisse, Sitequest etc. zu generieren. Oder generiert weitere Stänge in der Kampagne.
Danke für deine Einschätzung. Er ist halt blutiger Anfänger und leitet zum ersten mal aus einer Abenteuerbox, die er sich gekauft hat. Und je mehr ich hier schreibe und von euch lese, desto mehr komme ich zu der Erkenntnis, dass es wichtig ist unsere Erwartungen abzugleichen, damit ich aus meiner Unsicherheit herauskomme und er nicht überrumpelt wird. =)