MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Während die anderen in Richtung der Wohnung gehen, dreht sich Aaron zu der Dame mit dem teils unverständlichen, zum anderen Teil aber sehr charmanten Akzent.

Wie ich heraushören konnte sind sie hier zu Besuch in Nürnberg bei dem verehrten Kurator? Darf ich fragen, ob sie nur der herrlichen Gebäude und Sehenswürdigkeiten wegen die Reise hierher angetreten haben? Oder gar um unseren Wein mit dem ihrer Heimat zu vergleichen?

Man merkt, dass Aaron sich ein wenig von der Situation ablenken will. Ein unverbindlicher Plausch scheint da gerade recht zu kommen.

AW: MJ: Weißgerbergasse 4

Oh, ich war auf Einladung eines… eines Bekannten schon eine Weile in Freiburg, in die Schwarze Wald. Monsieur Schraut und ich sind alten Freunde. Er war so freundlich, mir anzubieten, meinen Urlaub ein wenig zu verlängern, um mir ihre schöne Stadt zu zeigen.

Melisande spricht im Plauderton, aber Aaron kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass sie nur ungern auf den Grund ihres Aufenthaltes in Deutschland zu sprechen kommt.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Dann haben sie ja schon einen langen Weg hinter sich gebracht. Sie sehen aus als würden sie gerne und viel Reisen?

Einem nicht abzuschüttelnden Instinkt folgend fällt er in einen Automatismus:

“Ich selbst Reise recht oft. Bin oft als Einkäufer unterwegs. Wenn es Ihnen die Zeit erlaubt, dann schauen Sie mit ihrem Bekannten doch mal in meinem Laden vorbei. Er nennt sich treffenderweise “Raritäten Weltweit” und bietet eine große Auswahl von Antiquitäten, Schriftwerke, Mysteriösem und Kuriosum aus der ganzen Welt. Wir, mein Bruder und ich, unterhalten eine stolze Sammlung.
Es wäre mir eine besondere Ehre, wenn ich Sie mal bei uns begrüßen dürfte.”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Erstaunt und offensichtlich erfreut hebt Melisande beide Augenbrauen.

“In der Tat reise ich recht viel. Und ich _abe selbst einige schöne Stücke von meine Reise mitgebracht. Ihre Einladung nehme isch gerne an. Aber wenn Sie mal in Paris sind, dann Sie müssen mich besuchen, oui?”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Scheinbar hochinteressiert antwortet er ihr:

“Gerne versüße ich die nächste Reise nach Paris mit einem Besuch bei Euch. Ich gehe mal davon aus, dass die Mitbringsel ihrer Reise Erinnerungsstücke sind und nicht zum Verkauf stehen? Natürlich bin ich immer auf der Suche nach etwas Neuem für den Laden.”

Gedankenverloren trifft Aarons Blick das Haus des Verstorbenen und holt ihn schlagartig wieder in die Gegenwart.

“Schön wäre es, wenn wir so etwas an einem anderen Ort besprechen könnten. Ich werde Herrn Schraut später erklären, wie Sie zu uns kommen können. Wir können auch jederzeit mit einem Wissotzky-Tee dienen, oder drinken Madame lieber Kaffee?”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Aufmerksam auf Aarons Stimmungswechsel reagierend, nickt Melisande nun. “Tee klingt gut.” Dann blickt auch sie wieder zum Eingang des Hauses, ruhig und ohne Anzeichen von Ungeduld.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Nach einigen Minuten, in der Aaron die seltsame Wendung des Nachmittages bzw. des Abends nochmal Revue passieren lässt, bricht er die Stille, die langsam unangenehm zu werden droht:

“Welche Länder haben Sie denn schon bereist? Und wo ist es am schönsten? Gerade wäre die Erzählung von Ländern verlockend, in denen es Wärmer ist als hier.”

Und leicht fröstelnd reibt er sich die Hände um dann, die Arme um sich selbst schließend, die Kälte aus seinem Mantel zu klopfen.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Unwillkürlich zieht sich auch seine Gesprächspartnerin den Mantel fester um ihre Schultern.

“Ich mag es auch e_er wärmer. Zuletzt war ich in Gujarat, Inde. Davor in l´Egypte und die Britisch-Ostafrique. Schön ist es überall. Und warm.”

Dann lächelt sie verträumt und meint: “Und nicht lange ich war in Syrie.”
Melisande blinzelt kurz, als ihre Gedanken wieder zu Aaron und der kalten Straße zurückkehren.

“Was möchten Sie _ören? Wovon soll ich Ihnen berichten?”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Während eines kurzen unbeabsichtigten Blickes an der Hauswand des 4-stöckigen Gebäudes nach oben, können sowohl Melisande als auch Aaron feststellen, dass im 3. Stock ein Erkerfentser mit Brettern vernagelt wurde.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Nun, mir war es auch schon mal vergönnt nach Ägypten zu reisen. Ich begleitete den Paläontologen Ernst Stromer von Reichenbach auf einer seiner Nachreisen in die Bahariyya-Oase. Ich habe ein paar schöne Schwerter, einen geknüpften Teppich und einen hölzernen Dreibein damals dort erstanden. Es war eine fantastische Reise, die noch heute mein Gemüt erwärmt.”

Währen der Erzählung schweifen Aarons Augen ab und bleiben kurz an dem Erkerfenster im dritten Stock hängen. Obwohl er es für einen kurzen Moment seltsam findet und er sich auch zwangsläufig fragt in welchem Stock Dr. Ballings Wohnung war, fährt er seine Rede fort, denn er kam nicht auf die Antwort.

“Wo waren Sie denn in Ägypten? Oder sind ihre Erlebnisse aus Syrien noch frischer?”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Melisande folgt seinem Blick nach oben - und tut das Gesehene mit einem Achselzucken ab.

“Non.” Melisande schmunzelt. “Das ist schon eine Weile her. Aber da gibt’s auch _übsche Schwerter. So lange, gebogene.” Sie deutet mit den Armen.

[I]"Als ich zuletzt in Egypt war, war ich bei Assuan mit eine Lord _enry. Der junge Mann wollte Löwen jagen. Alle wollen immer Löwen jagen – warum nicht mal ein Zebra oder eine von die hübsche Rappenantilopen. Sehen auch nett aus, als Bettvorleger.

Ich suche ihm also ein Rudel, wir pirschen uns an, er nimmt die große Mann mit die Mähne ins Visier und schiesst. Und trifft nicht. Legt wieder an. Inzwischen große Löwenmann rennt auf uns zu, aber Lord _enry schiesst nicht, ist versteinert vor Schreck.

Ich stoße ihn in letzte Augenblick zur Seite, reisse mein Gewehr hoch und drücke ab. Löwe fällt auf mich drauf – tot wie die Maus. Und ich bin voller Blut und kleine Stückchen aus die Löwe – merde alors! Was für eine Sauerei!"[/I]

Melisande lacht schroff - ein erstaunlicher Kontrast zu ihrem Erscheinungsbild!

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Die Augen von Aaron weiten sich, als sähe er den Löwen tatsächlich auf sich zu rennen, als Melisande ihr Erlebnis berichtet.

“Mademoiselle! Wenn das kein famoser Scherz ist, dann bin ich tief beeindruckt! Wer hätte gedacht, dass sich in diesen augenschmeichelnden Kostüm eine Großwildjägerin verbirgt. Erzählt doch mehr von solchen Abenteuern!”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Nun…” Melisande wird um einiges ernster, lächelt aber nach wie vor
“…machmal uns trügt die äussere Schein.”

Sie scheint einen Moment nachzudenken und schaut Aaron dann direkt an.

[I]"Abenteuer kann ich noch einige erzählen. Aber viele werden nischt Ihre Stimmung _eben. Des_alb ich werde Ihnen berichten, was isch gese_en _abe auf meine letzte Reise.

Ma_abat Khanji III, der Nawab von Junagadh hatte einen Freund und mich eingeladen, um seine Löwen zu zählen - und etwas gegen die Wilderer zu unternehmen. Denn die Löwen dürfen nicht mehr geschossen werden – es sind die letzten, die nicht in Afrique leben.

Mein Freund und ich sind also in die Gir-Wald unterwegs und suchen Löwen oder Wilderer, als wir nachmittags eine Gong _ören und Stimmen. Wir gehen weiter und finden eine Tempel von die _indu – mitten in Wald! Es war Tempel von Durga – Gemahlin von Shiva – die dort verehrt wird. Sie reitet auf Löwen in die Schlacht gegen die Mächte der Finsternis. So sind dann dort auch überall Bildnisse von Löwen zu finden, Reliefs, Statuen all sowas. Wir genossen die Gastfreundschaft von die Mönche und tranken Tee und liessen uns Geschichten erzählen – war sehr angenehm. Als wir die Tempel verliessen, um…" [/I]
sie zögert merklich, und Aaron ist sich nicht sicher, ob sie nur nach dem passenden deutschen Wort sucht,

“…um unsere Arbeit fortzuführen, stolpern wir fast über eine Löwin, die mit vier fast erwachsenen Jungen in der Abendsonne vor die Tempel spielt.
Die letzten Sonnenstrahlen umkränzen ihren Kopf mit ein fast magische Schein, als sie uns ansieht, mit einem Maunzen ihre Jungen zu sich ruft und majestätisch in Wald zurückmarschiert.”

Melisandes Gesicht leuchtet fast vor Begeisterung, als sie sich an diesen Moment erinnert.

“Nie isch werde diese Augenblick vergessen!”

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Das glaube ich Ihnen gerne! Mit was für einer Inbrunst und Begeisterung Ihr das erzählt ist atemberaubend. Ich wünschte ich hätte diesen Moment miterleben können. Reisen faszinieren mich und ich finde es beachtenswert in welchen Kreisen ihr Euch mit einer Selbstverständlichkeit bewegt. Und mit was für einer weltoffenen Art ihr auf der ganzen Welt zu Hause zu sein scheint.”

Konspirativ zieht er eine Augenbraue hoch:
"Und Löwen scheinen es ihnen auch angetan zu haben, Madame. Wissen sie eigentlich, dass mein Name Loebschild soviel bedeutet wie “Schild des Löwen”?

Kurz wartet er auf eine Reaktion und fährt dann fort:
“Wenn der Anlass nicht so ein schrecklicher wäre, würde ich sagen es war ein großes Glück, dass wir uns heute hier begegnet sind.” Freundlich lächelt er ihr zu.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Nun ja. Die meiste Mensche spezialisieren sich in ihre Beruf.”

Höflich fragt Melisande nach:
“Schild des Löwen”? - Wisst Ihr woher die Name kommt?

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Ein kurzes krächzendes Lachen durchfährt Aaron.

"Da könnten Sie auch fragen, ob der Rabbi den Talmud kennt!
Der Löwe, also
Loeb" - und Aaron deutet mit seinen beiden Händen eine Geste an, als ob er das soeben ausgesprochene Wort umfassen wollte - “steht für einen der 12 Stämme Israels, nämlich für Juda. Und das Schild, also der Schild steht schlicht für Verteidigung. Meine Familie stammt also vom Stamme Judas ab. Man könnte noch die Etymologie noch weiter treiben, aber geht dadurch Gefahr sich in Spekulationen zu verfangen.”

Ohne es zu wollen klingen Aarons Worte belehrend, fast als wollte er einem Kleinkind etwas erklären.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Eh bien.
Meint Melisande etwas abwesend und schaut erneut nach oben.
Isch möschte wissen, was die treiben dort.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

Die plötzliche Kühle in ihrer Stimme spürend wendet er auch seinen Kopf hoch zu dem Bretterverschlag und ist dankbar für den Themenwechsel.

“Äh, ja. Das dauert ja ganz schön lange. So langsam packt mich dann doch die Neugier… Aber nein. Dort haben wir … habe ich nichts verloren.”

Aaron kratzt sich lange am Kopf, wodurch ein Wirbel in seinen sonst so glatt gelegten Haaren entsteht.

"Wieso wohl diese Holzbretter im dritten Stock vor das Fenster genagelt worden sind? Ob das was mit dem Tatort zu tun hat?"

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Vielleischt die Fenster ist kaputt und er _at keine Geld für die Glaser? Oder er mag keine Sonne im Zimmer.
Non. Dann er _ätte bestimmt etwas gefunden mit mehr Geschmack. Dickere Vor_änge oder so etwas.”

Nachdenklich blickt sie auf die Bretter und tritt nun doch ein wenig ungeduldig von einem Fuss auf den anderen.

AW: MJ: Mel & Aaaron auf der Straße

“Naja, wenn ich bedenke, wieviel er meinem Bruder berechnet hat für die Geigenstunden…”

Aarons Kopf wird trotz der Kälte feuerrot, als er das Gesagte noch einen Moment nachhallen lässt und er sich darüber bewusst wird.

“Ähm, ich bitte um Verzeihung. Über die Toten nur Gutes!”