Für das Rollenspiel mit Kindern habe ich mir, unter Anregung einiger Beispiele im Internet, unter Berücksichtigung meiner pädagogischen Kenntnisse und mit der bereits gesammelten Erfahrungen beim Rollenspiel mit Kindern, ein paar Gedanken gemacht. Hier habe ich das D&D5-System genommen, weil das meinem aktuellen Projekt entsprungen und gerade zur Hand ist. Die grundsätzlichen Überlegungen können aber sicher auch auf andere Systeme übertragen werden. Außerdem gibt es auch Systeme, die von Haus aus schon für Kinder ausgelegt sind. Das Thema wurde bereits hier diskutiert, was natürlich gerne weitergeführt werden darf. Ich lade euch sogar ein, mir in dem Thema Rückmeldungen zu diesem Blog zu geben.
Treffer statt Trefferpunkte & Schaden
Je nach Trefferwürfel, halten die Charaktere eine Anzahl an Treffern pro Stufe, und Gegner pro angegebenem Trefferwürfel aus. Sind sie am Limit, würfeln sie gegen ihre Konstitution (der Rohwert darf mit einem W20 nicht überwürfelt werden), ob sie genug haben oder noch weiter machen können. Falls der Wurf misslingt, sind sie KO, geben auf oder kauern sich schützend auf dem Boden zusammen, Gegner flüchten eventuell auch einfach.
Trefferwürfel… Treffer pro SC-Stufe… pro NSC-Trefferwürfel
W4… 2… 1
W6… 3… 2
W8… 4… 3
W10… 5… 4
W12… 6… 5
Im Falle von temporären Trefferpunkten, nenne ich es „Schutz“ und gehe nach dem Beispiel für NSC vor. Sind feste tTP angegeben, muss man halt etwas kreativ werden – einfach wäre 1 Treffer pro Instanz (zB. Zauberstufe, pro 5 tTP usw.).
Wieviele Treffer ausgeteilt werden, wird nur anhand der Anzahl an geworfenen Würfeln berechnet (ausgenommen Waffen, die von Haus aus 2W6 haben, das behandle ich wie 1W12). Bei kritischen Treffern wird die Anzahl verdoppelt. Schadensboni werden der Einfachkeit zuliebe ignoriert, magische Waffen +X und ähnliche Dinge werden kreativ gelöst (zB. der Kampfrausch bei Barbaren, der dann einen zusätzlichen Treffer verursacht, der aber nicht durch einen Krit mitverdoppelt wird). Ja, zugegeben, ein Zweihänder macht bei einem Volltreffer mehr kaputt als ein Dolch. Aber wenn wir schon beim Realismus sind: wie schwer ist es, einen Zweihänder zu schwingen im Vergleich zu einem Messer? Und gerade in D&D5 gibt es keine Angriffs-Boni oder -Mali je nach Waffe, also pfeif drauf.
Dieses System ist einfacher und auf diesem Weg kann „Blutvergießen und Tod“ bei Bedarf vermieden werden.
Erzählen statt Taktieren
Als SL behalte ich die Aktionen, Bonusaktionen und Reaktionen der Figuren grob im Auge, aber nagle die Kinder nicht darauf fest. Wenn es cool ist und sich grob ausgehen könnte, dann passt das schon. Initiative handhabe ich ganz einfach: Kinder an die Macht. Solange die Gruppe nicht überrascht wurde, kommt sie immer vor den Gegnern dran. Haben sie umgekehrt die Gegner überrascht, dürfen sie sogar zweimal.
Auch die Beschreibungen von Fähigkeiten, Manövern oder Zaubern sollten nicht wie Textbeispiele aus Mathe oder wie Gesetzesparagraphen klingen, also vereinfache ich diese deutlich. Es reicht, wenn die Quintessenz der Aktion klar ist. Statt Anwendungen pro langer oder kurzer Rast, versuche ich, die Anzahl von Benutzungen auf pro Tag umzurechnen, wie es in den älteren D&D-Versionen der Fall war, oder sie je nach vergangener Zeit zurück zu geben.
Kampfkarten (aka Battlemaps) sind zwar schön und gut, aber manchmal hemmen sie den Spielfluss, weil zu viel überlegt wird. Kopfkino hat Vorrang. Außerdem versuche ich, die gewünschten Aktionen der Kinder nicht mit der Umgebung einzuschränken, sondern zu bereichern. Da ist ein Hindernis für den Ansturm? In die Beschreibung einbauen, wie die Figur darüberhechtet oder eine Probe werfen lassen, ob es sich nicht doch ausgeht. Für Reichweiten werde ich eher mit Begriffen wie „nah“, „kurz“, „mittel“, „weit“ und „sehr weit“ arbeiten, da das einiges an Rechnerei erspart.
Angst und Frust
Die Spielleitung sollte darauf achten, welche Ängste die Kinder selbst haben, damit diese im Spiel gemieden oder umsichtig behandelt werden können (hilft den betroffenen Kindern eventuell, sich in einem geschützten und sicheren Umfeld damit auseinanderzusetzen). Ich stelle mir nur allein vor, wie manche Kinder auf einen Weberknecht reagieren … und dann kommt eine Phasenspinne aus dem Nichts.
Es kann passieren, dass manche Kinder frustriert sind, wenn ihre Pläne oder ihre Ideen nicht funktionieren – sei es aufgrund eines schlechten Würfelwurfes (oder mehrerer) oder weil sie als SL diesen Lösungsweg nicht vorgesehen haben. Im Idealfall kommen die Kinder mit dem Frust selbst klar oder helfen einander in der Gruppe aus. Ich empfehle, die Gesamtstimmung im Auge zu behalten und die Würfel auch mal liegen zu lassen, wenn die Idee bzw. der Plan originell, unterhaltsam, kreativ oder schlicht witzig ist. Der Spaß geht vor.
Erziehung als Chance, nicht als Pflicht
Ja, die Kinder sollen sich mit der „Realität“ der Spielwelt auseinandersetzen und sich auch über die Folgen ihres Handelns bewusst sein, aber nicht alles muss gleich eine moralische Lektion beinhalten. Ich versuche, vor und nach der Runde mit den Kindern klarzustellen, dass es sich um eine erfundene Geschichte handelt, die primär allen Spaß machen soll. Haben sie darin etwas richtig heftiges abgezogen und sind (durch Glück oder Einfallsreichtum) damit durchgekommen, schildere ich mögliche Folgen für andere – immer noch mit dem Hinweis, dass es trotz allem nur eine Geschichte ist.
Beispielsweise, wenn sie in einem unbeobachteten Moment was mitnehmen. Was passiert mit der Person, der das gehört hat? Bekommt jemand anderer die Schuld? War das etwas wichtiges? Ich will dann mit den Kindern reflektieren, was die Folgen sind und sie selbst Ideen dazu formulieren lassen. Zum Abschluss ziehe ich ein Resümee über die Tragweite mit entsprechender Ernsthaftigkeit und schließe mit den Worten „aber es ist ja nur eine Geschichte“. Ich glaube, damit nehme ich den moralischen Druck von den Kindern, gebe ihnen aber die Möglichkeit, sich selbst dazu Gedanken zu machen und ihr Handeln im Spiel zu überdenken.
Ich sehe Rollenspiel als Chance, sich von den Zwängen der Realität zu befreien, alternative Wege zu probieren und so das eigene Empfinden diesen gegenüber zu testen. Außerdem gibt es ja noch die anderen Mitglieder in der Gruppe, die sowohl als Figur als auch als Person darauf reagieren können. Wichtig finde ich auch, den Kindern von Beginn an die Differenzierung zwischen ihnen als Person und der Spielfigur klarzumachen.
Ich bastle gerade an einer Kampagne für die drei Kinder einer meiner Spielerin. Diese sind im Altersbereich 6-11 und mache immer wieder Anläufe in meiner Schule mit der gleichen Altersgruppe. Die daraus resultierenden Erfahrungen möchte ich gerne hier teilen, und hoffe, dass auch ihr davon was haben werdet. Wie anfangs schon erwähnt, freue ich mich über Rückmeldungen, Kritik und Meinungen zu diesem Thema.