Hallo und Willkommen,
aus meinen Erfahrungen kann ich sagen, dass es möglich ist, ohne Spielleiter zu spielen und das es sogar Spaß machen kann. Allerdings kann es auch schnell chaotisch werden, was zwar nicht unbedingt was schlechtes sein muss, jedoch auch nicht unbedingt immer förderlich für das Spiel und die Gruppe ist.
Wenn man ohne Spielleiter spielt, dann ist es wichtig, dass sich jeder mit seinen Ideen einbringt (noch mehr, als wenn ein Spielleiter vorhanden ist). Eine der Schwierigkeiten ist, hierbei nicht auf den eigenen Ideen stur zu beharren, welche einem grad eingefallen sind und die vielleicht sogar auch schon im Kopf weiter gesponnen wurden. Man muss auch bereit dazu sein, davon wieder was zu verwerfen, um die Idee eines anderen Mitspielers zu unterstützen. Sonst kommt bei den Mitspielern schnell der Gedanke auf: “Sag doch gleich, dass du Spielleiter sein willst…”. Wenn dann der eigene Gedanke dazu ist: “Ja, stimmt”, dann ist das auch gar nicht so schlecht und kann als Lösung für das Problem dienen.
Zudem muss im Auge behalten werden, dass das Spiel auch weiter voran geht und man als Gruppe zusammen spielt - damit nicht jeder in den Einzelspieler-Modus verfällt und nur noch alle aneinander vorbei spielen. Selbst wenn ihr euch alle schon länger kennt und es bereits eine Gruppendynamik gibt, ist diese Spielweise eine zusätzliche Herausforderung für euch, welche ich einer Gruppe - die nur aus Anfängern besteht - nicht empfehlen würde. Stattdessen möchte ich eine mögliche Alternative - mit Lösungsansatz, welcher vielleicht, zumindest erstmal temporär (möglicherweise auch langfristig), das Spielleiterproblem beheben könnte - vorschlagen.
Diese Spielart, ohne Spielleiter zu beginnen, funktioniert am besten, wenn es kein vorgefertigtes Abenteuer gibt. Kann aber auch genutzt werden, wenn bereits ein Abenteuer vorliegt, welches gespielt werden soll. Im Hinblick darauf kann es hilfreich sein, erst eine Art Vorgeschichte zu spielen. Es ist möglich, dass sich durch dieses Vorgehen einer von euch eher dazu geneigt fühlt, seine Ideen weiter spinnen zu wollen und somit dann vielleicht auch das darauf folgende Abenteuer leiten möchte.
Wie Anfangen?
Hilfreich ist es, wenn ihr euch erstmal in die Welt “einlebt”.
Macht euch Gedanken um und über die Welt in der ihr spielt. Tauscht euer Wissen, über das, was ihr bereits darüber wisst, miteinander aus. Ein paar Abschnitte, von Beschreibungen, aus dem Regelwerk vorzulesen kann auch nützlich sein. Auf diese Weise habt ihr dann schon mal alle eine gemeinsame grundlegende Vorstellung über die Welt und könnt dann mit den Charakteren weiter machen. Nimmt diese nicht nur als Datenblätter hin, sondern überlegt euch, was die Charaktere bereits für ein Leben gelebt haben und welche Erfahrungen sie sammelten oder erleiden mussten. Selbst wenn diese vorgegeben sein sollten, kann es hilfreich sein, darüber zu sprechen. Denn so baut sich - nach und nach - das Bild immer weiter aus und alles wirkt weniger steif. Den Charakteren Leben einhauchen, sozusagen.
Zum Beispiel: die jeweiligen Berufe; Ziele im Leben; hat vielleicht im Krieg gekämpft; war schon mal im Gefängnis; magische Begabungen oder Studium an einer Akademie (und vielleicht von dieser rausgeflogen), usw. Vielleicht kennen sich sogar bereits einige Charaktere.
Der nächste Schritt: “Einfach drauf los spielen”.
Denkt euch einen Ort (oder mehrere Orte) und ein paar Ereignisse aus, wie die Charaktere ihren ersten Auftritt machen, z.B. einen Streit in einer Taverne anzetteln/schlichten; oder ein Schaukampf, welcher auf einem Marktplatz, auf einem Fest, stattfindet, vielleicht möchte in diesem Zusammenhang auch noch die ein oder andere Börse den Besitzer wechseln?
Hierdurch können sich, für die Charaktere, bereits mehrere Möglichkeiten für erste Interaktionen ergeben. Für die Spieler ist es eine gute Möglichkeit, um mit dem Spiel und dem spielen einer Rolle warm zu werden.
Solche kleinen Szenen wirken recht unscheinbar, können sich jedoch zu Selbstläufern entwickeln. Wenn einer von euch eine Idee bekommt, wie es nach so einem Anfang weiter gehen könnte, dann scheut euch nicht davor, diese weiter zu spielen und miteinander zu interagieren, nur weil ihr das Kaufabenteuer habt - das wird nicht weglaufen und ist später immer noch da.
Bei der Vorgeschichte geht es primär darum, überhaupt erstmal ein Gefühl für das Rollenspiel an sich zu bekommen und ihr macht sowohl erste Erfahrungen als Spieler, wie auch als Spielleiter, indem ihr euch die erste Szene eurer Charaktere baut und bespielt und ggf. auch Einfluss auf die Charaktere der anderen Mitspieler ausübt. Es ist gut möglich, dass einer der Spieler eine Idee zu einer Szene eines anderen Charakters hat - dann sprecht diese einfach aus: Zum Beispiel, als der Charakter seine Hand nach der Börse des Kaufmanns ausstreckt “… kommen die Stadtwachen um die Ecke und sehen es!” - lasst euch auf sowas ein und reagiert darauf. Was macht der Charakter nun? Weglaufen? Kommt einer der anderen Charaktere zur Hilfe? Oder beginnt der Dieb sogar eine Unterhaltung mit dem Kaufmann, um so vielleicht die Wachen in die Irre zu führen? - in dem Fall müsste dann spontan ein anderer Spieler den Kaufmann übernehmen. Sowas sind gute Übungen, zum spielen ohne Spielleiter. Wenn nur einzelne Charaktere handeln und die anderen ‘nicht da sind’ ist es einfach zu regeln, dass immer die Spieler, welche gerade nichts zu tun haben, die Nicht-Spieler-Charaktere übernehmen. Wenn alle Charaktere anwesend und an dem Geschehen beteiligt sind, wird es etwas schwieriger, den Überblick zu behalten, Wer gerade Wen spielt. Hier kann es helfen, wenn ihr euch abwechselt. Also immer mal jemand seinen Charakter und den NSC gleichzeitig spielt. Auch kann es hilfreich sein, NSC fest zuzuweisen - das passiert mal mehr und mal weniger fast wir von selbst, dass sich eine Art von Zugehörigkeit oder Besitzanspruch entwickelt.
Zu den Aufgaben des Spielleiters gehört es, die Rollen der NSC zu spielen, damit sich die Spieler ganz auf ihre Charaktere konzentrieren können. Auch gibt es so kein durcheinander, wer jetzt dran ist. Wenn kein Spielleiter da ist, müssen die Spieler die NSC übernehmen. Was ihr auch beachten solltet: NSC sind nicht immer kooperativ!
Zum Beispiel: Sollte also der Dieb auf die Idee kommen, den Kaufmann anzusprechen, weil er denkt, die Wachen könnten so den Eindruck bekommen, dass der Griff zur Börse nur eine Handbewegung im Gesprächsfluss war - kann es sich auch so entwickeln, dass der Kaufmann nicht mitspielt und den Dieb vielleicht wegstößt.
Beim spielen mit Spielleiter, wird es immer wieder dazu kommen, dass der Spielleiter entscheidet, dass euch ein NSC begegnet, der euch nicht weiterhelfen möchte und auch nicht wird (ohne dafür ausreichend entlohnt worden zu sein - optional). Auch bei vorgefertigten Abenteuern muss nicht immer jeder NSC ein “guter” sein. Ohne Spielleiter müsst ihr euch selber darüber Gedanken machen und diese auch im Blick behalten. Macht am besten Notizen.
Ihr solltet euch zwischendurch immer wieder selbst und auch gegenseitig fragen: Hat’s Spaß gemacht?
Was hat euch gefallen und was nicht? Als Spieler miteinander über das Spiel zu reden, ist sehr wichtig. So könnt ihr am besten vermeiden, dass es zu oft zu Frustrationen kommt. Missverständnisse passieren trotzdem, jedoch, lassen sich viele davon schneller beheben, wenn man offen darüber redet.
Ein Aspekt des Spieler-Daseins ist es, nicht zu wissen, was als nächstes passiert oder was hinter der nächsten Ecke auf einen lauert und man es auch nicht wissen wird, bis der Moment gekommen ist. Der Spielleiter wiederum, weiß was passieren soll und was sich hinter der nächsten Ecke befindet - was einen ebenso großen Reitz haben kann. Anstatt als Spieler in die unbekannte Situation zu geraten, kann es als Spielleiter sehr viel Spaß machen, die Reaktionen der Spieler zu erleben, wenn sie, zum Beispiel, auf das Übel treffen, von dem man schon wusste, dass es auf sie zukommen wird.
Fragt euch: Möchte einer von euch gerne mehr Wissen, als alle anderen?
Es ist gut möglich, das sich - nach und nach - einer von euch immer mehr dazu hingezogen fühlt, nicht mehr nur drauf los zu spielen, sondern eine deutlichere Vorstellung davon bekommt, wo die Reise hingehen soll oder sogar mit dem eigentlichen Abenteuer beginnen möchte.
Bereits fertige Abenteuer zu spielen ist ohne Spielleiter um einiges schwieriger, als einfach so drauf los zu spielen, wie bei der Vorgeschichte.
Falls immer noch keiner gerne der Spielleiter sein möchte, dann solltet ihr euch - ähnlich wie bei den NSC - erstmal abwechseln.
Das Abenteuerbuch:
Schaut euch die Einleitung des Abenteuers an. Es ist nicht schlimm, wenn ihr alle im groben wisst, worum es geht oder gehen soll. Vielleicht findet sich in der Einleitung auch eine Möglichkeit, direkt an eure Vorgeschichte/n anzuknüpfen, falls dem nicht so ist, dann tut einfach so, als wären ein paar Monate oder Jahre zwischenzeitlich vergangen.
Wenn ihr euch in Sachen Spielleiter immer noch unwohl fühlt, dann könnt ihr auch den Anfang zusammen spielen und leiten. Sollte das Abenteuer in einzelne Kapitel unterteilt ist, dann wäre es recht einfach, euch mit der Spielleitung kapitelweise abzuwechseln. Falls es fortlaufend ist, müsst ihr eine andere Orientierung, für den Wechsel, finden oder euch lieber doch mit dem Gedanken anfreunden, dass einer von euch die Spielleitung komplett übernimmt. Bei der Kapitelversion sollte der nachfolgende Spielleiter sich das vorherige Kapitel bzw. die vorherigen Kapitel ansehen, denn es könnten Informationen vorhanden sein, die später erst relevant werden oder es werden Alternativen erwähnt, auf die noch Mal eingegangen wird bzw. die fortgesetzt werden, falls sich das Abenteuer zuvor in diese Richtung entwickelt hatte.
Wenn das Abenteuerbuch keine erkennbaren Kapitel bzw. Abschnitte hat, wird die Aufteilung schwieriger. Eine Möglichkeit wäre, immer dann zu wechseln, wenn die Charaktere einen neuen Haupthandlungsort betreten, z.B. der Anfang spielt in einer Stadt, dafür ist der erste Spielleiter zuständig; dann geht es in einen Wald, also wechsel zum zweiten Spielleiter; dann der Wechsel zum dritten Spielleiter, für die Erkundung der Ruinen, usw. (Ich habe das Buch nicht, daher sind die Beispiele nur zur Veranschaulichung.)
Es ist gut möglich, dass die Gebiete unterschiedlich groß sind und die jeweilige Spielleitung, in dem einen mehr und in dem anderen weniger zu tun hat - selbiges gilt auch für die Aufteilung nach Kapiteln. Auch bei der fortlaufenden Version kann es nötig sein, sich die vorherigen Abschnitte anzusehen, um überhaupt weiter machen zu können.
Wenn ihr immer wieder die Spielleitung durchtauscht, dann verliert das Abenteuer, und das Spiel an sich, leider so einiges an spannenden und überraschenden Momenten - das sollte euch klar sein.
Was auch wichtig ist, wenn der, der gerade Spielleiter ist, eine Pause braucht - dann macht eine Pause. Entweder als Gruppe und/oder wechselt dann in diesem Zusammenhang den Spielleiter.
Wie du siehst, die Situation, dass sich niemand den Part des Spielleiters zutraut, ist erstmal etwas unschön und beinhaltet einiges an Mehraufwand für alle Mitspieler, aber sie ist nicht komplett unlösbar. Jeder hat irgendwann mal angefangen und selten läuft alles auf Anhieb glatt. Stellt euch auf eine Menge Chaos ein und wenn es zu viel geworden ist, dann könnt ihr auch einfach noch mal neu anfangen. Redet darüber, was funktioniert hat und was nicht. Nehmt nicht alles zu ernst und versucht auch über eure Fehler zu lachen - Knabberzeug und verschiedene ungesunde Getränke (mit oder ohne Prozente) können zur Frustbewältigung beitragen, auch Pizza hat sich bereits vielfach bewährt.
Bezüglich der Problematik: Religion (allgemein)
Es gibt immer noch sehr viele Gläubige und Glaubensgemeinden, wo es problematisch werden kann, wenn man sich mit Thematiken beschäftigt, welche Magie und Monster beinhalten, selbst dann, wenn es sich nur um Unterhaltungsliteratur handelt. Je nach dem, wie die Glaubensgemeinde geprägt ist und wie diese zu ihrem Glauben eingestellt ist, kann man als Mitglied schnell Probleme bekommen, wenn man sich für solche Themen interessiert. Es kann sogar bis zum Ausschluss führen.
Da ich solche Fälle schon kenne, wo das Hobby zu Problemen geführt hat, ist es meine Vermutung, dass die Begründung dafür, dass Max.w sein PnP-Interesse [noch] nicht öffentlich machen möchte, darin liegen könnte, dass er befürchtet, dass ihn damit Probleme erwarten könnten, derer er sich aktuell nicht stellen möchte oder kann, und er sich erstmal wohler dabei fühlt, nach einer Lösung zu suchen, welche es ihm und seiner Gruppe ermöglicht, auch ohne eine zusätzliche Person spielen zu können.
Je nach dem, wie das übrige Lebensumfeld aussieht, ist das kein schlechtes Vorgehen - man muss ja schließlich nicht in jede Flutwelle mit Anlauf hinein springen, sondern, man kann auch erstmal nur mit den Zehen das Wasser antesten.
Ob man das als Außenstehender nun für sinnig oder für unsinnig befindet, steht auf einem anderen Blatt und soll hier auch nicht Thema sein. Dieser Abschnitt soll lediglich zu etwas mehr Verständnis beitragen.
In diesem Sinne und abschließend, für die heutige Vorlesung: Max.w, falls du meinen Vorschlag anwenden möchtest, dann wäre es sehr schön, wenn du eine Rückmeldung darüber geben könntest, wie es gelaufen ist und/oder ob du einen der anderen Vorschläge, welche dir hier bereits unterbreitet wurden, ausprobiert hast. Das könnte vielleicht auch zukünftigen Interessierten weiterhelfen, welche sich mit der Spielleiter-Problematik konfrontiert sehen.
Zudem schlage ich eine Ergänzung der Themenüberschrift vor: “spielen ohne Spielleiter”. So wäre deutlicher zu erkennen, worum es geht. Vermutlich wird sie Bearbeitungszeit schon abgelaufen sein, so das dies dann einer der Admins übernehmen müsste.
Ich wünsche dir und deiner Gruppe jedenfalls viel Spaß und viel Erfolg.
Schöne Grüße
LordSeraz