Heute mal ein Thema das ich mit zwei Spielern erleben musste, die nach eigener Beschreibung “erfahrene Vampire-Spieler” waren. Wir haben zwar Vampire mal angespielt, für mich auch eine der eher unangenehmen Erfahrungen, aber meist eher andere Systeme (Shadowrun, Call of Cthullu, D&D5e).
Als die beiden in die Gruppe gekommen sind, habe ich grade geleitet. Da in meiner Kampagne ein Krieg den Hintergrund bildet und im Krieg naturgemäß unschöne Dinge passieren, gab es vorher natürlich ein Consent-sheet zum ausfüllen. Da die beiden erst bei Abenteuer 3 eingestiegen sind, nahmen sie nicht an der Szession Zero teil, wurden aber ordentlich gebrieft worauf sie sich einlassen. Ich habe entsprechend auch alles weggelassen was in den Consent-sheets als “möchte ich nicht” angekreuzt wurde. Wir wissen alle das schlimme Dinge im Krieg passieren, aber man muss sie nicht explizit erwähnen oder direkt vor der Nase passieren lassen. Sie passieren dann halt “irgendwo da draußen”.
Später hat dann einer der “Vampire-Spieler” ein Shadowrun-Abenteuer geleitet. Es gab vorher keine Szession Zero, kein Consent-Sheet und der neue Meister wusste auch nicht was in den Sheets stand die ich für meine Kampagne eingesetzt hat (außer natürlich sein eigenes). Es gab am Tisch auch keine anderen “Sicherungsmaßnahmen” wie rote Karte die auf die man tippen könnte oder ähnliches. In diesem Abenteuer wurden die Spielercharaktere dann mit Magie zu einer Sexorgie gezwungen.
Danach hat einer seiner Freunde geleitet. In dem Abenteuer wurde der weibliche Charakter eines Spielers entführt, gefoltert, sexuell missbraucht und verstümmelt. Unsere Aufgabe war den Charakter zu retten. Ich weiß nicht was davon mit dem entsprechenden Spieler abgesprochen war. Sein Gesichtsausdruck war jedenfalls mit “irritiert und verstört” ganz gut umschrieben. Einer der “Vampire-Spieler” protestierte erst, lachte dann aber darüber und sagte etwas im Sinne von “Heute willst du es aber wissen”.
Ich fühlte mich in beiden Momenten irgendwie überrumpelt. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet und es auch in über 30 Jahren RPG nicht erlebt. Ich könnte mich heute dafür Ohrfeigen, das ich dazu in dem Moment nichts gesagt habe. Ich dachte auch ich sei mit gutem Beispiel vorangegangen. Wir haben uns später von den beiden Spieler aus anderen Gründen (wobei man als Kern auch da irgendwo unreflektiert, unsensibel, sich selbst überschätzend und ähnliches ansehen kann) getrennt und in keiner Runde in der ich seitdem gespielt habe ist dergleichen wieder passiert.
Ein anderer Rollenspieler mit dem ich (ohne Namen zu nennen) über diese Momente gesprochen hat, sagt dann: “Warum hast du nichts gesagt?” Offen gesagt wusste ich das selbst nicht. Vielleicht weil ich so überrumpelt war. Ich fragte ihn woher man denn wissen könne, das alle am Tisch mit so etwas einverstanden sind und was denn gewesen wäre, wenn jemand am Tisch eine Missbrauchserfahrung in der Vergangenheit hatte und dann nichtsahnend in so eine Situation gebracht wird.
“Diese Person könne das dann doch sagen.” war die Antwort. Ich war noch mehr irritiert. Menschen die so etwas erlebt haben brauchen oft Jahrzehnte um mit Therapeuten über so etwas reden zu können, manchmal wissen nichtmal die Ehepartner von dem Problem… und dann sollen die in einer leicht polterigen Männerrunde in so einer Situation darüber reden? Ich sage nichtmal das man “Sicherungsmaßnahmen” unbedingt braucht. Ic habe auch lange in Runden gespielt die ganz ohne auskommen, da werden Themen die möglicherweise kritisch sind einfach nicht erwähnt. Damit sind wir ganz gut gefahren auch wenn ich das etwas antiquiert finde.
Habt ihr ähnliche Sachen erlebt, nutzt ihr Sicherheitsmaßnahmen?