Nach langer Wartezeit ist nun die 4. Edition des Fantasyspiele-Klassikers Talisman auf Deutsch erschienen – als Gemeinschaftsprodukt des Heidelberger Spieleverlags und Pegasus Spiele!
Wie kein anderes Spiel vereint Talisman ein Brettspiel mit Rollenspielelementen. Als einer von im Grundspiel 14 Charakteren durchwandern die Spieler die Spielwelt von Talisman, begegnen Monstern, Kreaturen und Zauberern, aber auch Verbündeten und gewinnen an Erfahrung. Schlussendliches Ziel ihrer Queste ist das Erlangen der Krone der Herrschaft und der Vernichtung aller Mitspieler.
Öffnet man den Spielkarton und packt aus, fällt zunächst die hochwertige Gestaltung und schiere Menge des Spielmaterials auf. Für jeden der Charaktere steht ein detailverliebt gearbeitetes Kunststoffmodell zu Verfügung, Stärke- Talent- und Lebenspunktemarker sind verschiedenfarbige Kunststoffkegel und auch die Goldmarker sind als goldene Kunststoffmünzen gestaltet. Der Spielplan selbst fällt groß aus (84 x 56 cm) und bedenkt man, dass jeder Spieler noch einigen platz für den Aufbau seiner Spielkarten braucht, sollte man den Tisch frei räumen. Dank des hochwertigen Drucks auch des sonstigen Kartonmaterials ist das Spiel dann aber ein Schmuckstück auf dem freigeräumten Spieltisch.
Es empfiehlt sich die Fülle an Spielmaterial in einzelnen Tüten zu verstauen um die Sortierarbeit in Grenzen zu halten, anschließend lässt sich das Material dann auch gut in der Spielpackung unterbringen – der passend unterteilte Kunststoffeinsatz ist ja leider keine Selbstverständlichkeit mehr und soll daher hier hervorgehoben werden.
Etwas erschlagend wirkt auf den ersten Blick die 24-seitige Spielanleitung, die auch leider nicht die hohe Qualität des restlichen Spielmaterials halten kann. Zwar bietet sie an einigen Stellen auch bebilderte Beispiele aus dem Spiel zur Erklärung der Abläufe, jedoch ist der Spielablauf an vielen Stellen komplizierter geschildert als er sich dann im Spiel darstellt, das Spiel oft (auch wenn man das angesichts der Erklärung nicht vermutet) selbsterklärend und viele Erklärungen redundant. Im Gegenzug ist es schwer, während des Spiels auftauchende, spezielle Fragen, durch schnelles Nachschlagen zu klären, da es dann an der Übersichtlichkeit hapert. Trotzdem sollte sich zumindest ein Spieler das Regelwerk durchlesen und die wichtigsten Details neuen Mitspielern darlegen – am besten lernt es sich aber während des Spiels. Sehr praktisch dafür ist die letzte Seite der Anleitung, die ein Fließschema des Ablaufs eines Zuges zeigt.
Jeder Spieler wählt zu Beginn zufällig einen der Charaktere, die sich in Stärke, mystischer Stärke und Spezialfähigkeiten unterscheiden. Nachdem er sich mit dessen Besonderheiten vertraut gemacht hat, baut er die Spielkarte und die sich daraus ergebenden Karten und Marker vor sich auf. Die Spielfigur stellt er auf das angegebene Startfeld. Ist der Spieler an der Reihe, bestimmt er mit einem W6 die Bewegungsweite seines Charakters und zieht diesen, nachdem er eventuelle Zauber gesprochen hat, W6 Felder weiter. Auf einem Feld angekommen, folgt er prinzipiell den Anweisungen, die auf dem Zielfeld angegeben sind. Zu ziehende oder bereits ausliegende Karten können Artefakte und oder Gegner sein, denen der Charakter begegnen (und sie bekämpfen) oder ihnen ausweichen. Dasselbe gilt für das Aufeinandertreffen verschiedener Charaktere. Durch überwundene Gegner erhält man Erfahrungspunkte (und Ausrüstung), die zur Steigerung der Fähigkeiten des Charakters verwendet werden. Nicht überwundene Kreaturen bevölkern das Feld ihres Erscheinens weiterhin und füllen so Zug für Zug das Spielfeld mit Leben.
Der Spielplan ist unterteilt in drei Bereiche und zu Beginn bewegen sich die Charaktere in vergleichsweise harmlosen äußeren Bereich. Dies ändert sich, wenn der Charakter gut genug geworden ist, um sich den Gefahren der inneren Bereiche zu stellen, die er durchschreiten muss um zur Krone der Herrschaft zu gelangen und schließlich das Spiel zu gewinnen.
Die Krone jedoch kann er nur erreichen, wenn er einen der namensgebenden Talismane bei sich trägt. Diese zu erhalten kann, wenn man sie nicht zufällig findet, durchaus spannend werden – da sie dann als Belohnung für die Erfüllung einer Aufgabe des Hexenmeisters erlangt werden müssen. Und diese Aufgabe kann z.B. die Tötung des Charakters eines Mitspielers sein.
Die Tatsache, dass jeder danach streben muss, die anderen Spieler zu besiegen (die dann wieder mit neuem Charakter bei Null anfangen müssen) bedeutet auch, dass die Spieldauer mit steigender Spielerzahl steigt. Allerdings steigert eine größere Spielerzahl wie so oft auch den Spielspaß – zu zweit ist das Spiel ohne weiteres spielbar, jedoch können sich die Spieler zu gut aus dem Weg gehen. Im Gegensatz dazu ist das Spielfeld zu sechst, der Höchstzahl, schon relativ dicht bevölkert. Die Spieldauer wird mit 90 Minuten angegeben, kann aber in großen Gruppen auch leicht 3 Stunden betragen. Allerdings bietet das Spiel in der Anleitung Varianten, die den Ablauf beschleunigen.
Vielleicht abgesehen von Rollenspielthematik erinnert das Spiel stark an klassische Familienspiele wie z.B. das bekannte Spiel des Lebens. Einzig die Kämpfe gegen die Mitspieler erfordern taktisches Vorgehen – ein wirkliches Taktikspiel wird dadurch jedoch aus Talisman nicht. Da es das aber auch nicht sein will, stört das nicht im Geringsten, es sollte den Spielern nur vorher klar sein.
Die vierte Auflage wurde im Vergleich zu den Vorgängern in der Charaktervielfalt verkleinert, besticht aber durch konsequente Umsetzung, ausgeglichene Charaktere und qualitativeres Spielmaterial. Somit ein klarer „Kaufbefehl“ an alle rollenspielaffinen Fantasy-Fans und deren Freunde, die auf der Suche nach einem kurzweiligen, leicht verständlichen und dennoch abendfüllenden Spiel sind. Eine gelungene Überarbeitung des Klassikers, der damit endlich wieder außerhalb von Börsen und Antiquariaten und zu vernünftigem Preis erhältlich ist.