1. Bereitest du dich in irgendeiner Form auf das Leiten eines Pen & Paper-Treffens vor?
Ja.
Auf welche Weise?
Da ich aktuell ausschließlich ein Sandbox System spiele, genügt es, dass ich die letzte Session rekapituliere und mir überlege, wie andere Parteien auf das Verhalten der SC reagieren. Dadurch ergeben sich neue Gelegenheiten, an denen die Spieler nach Belieben anknüpfen können.
2. Liest du während des Leitens Texte vor?
Nein.
3. Gibt es zu Beginn deiner Treffen eine Einleitung deinerseits, beispielsweise in vergangene Geschehnisse oder den narrativen Inhalt des anstehenden Treffens?
Sowohl die Rekapitulation, als auch die Einstimmung auf das kommende geschehen in der Gruppe, alle tragen so viel sie möchten dazu bei.
4. Bist du Minimalist und verzichtest lieber auf die Anwendung von Regeln, oder ein Simulationist?
Mein auserkorenes Spiel verwendet sehr flexible, einfache Regeln, auch, wenn es sicherlich noch minimalistischere Spiele gibt. So würde ich sagen, dass ich die Regeln wichtig finde, aber sie dienen stets einem Zweck und ich tendiere viel stärker zu dem Minimalismus, als zu der Simulation.
5. Wie gestaltest du den Übergang von nicht-narrativen Momenten, wie Würfeln, zur Narration?
Bei diesem Spiel ist beides stark voneinander abhängig (sollte es das nicht bei jedem sein?). Die Fiktion informiert stets die Mechanik, ohne Notwendigkeit erfolgt kein Wurf. Eine Situation entsteht, die eine Herausforderung darstellt und somit einen Wurf erfordert (Wie willst du diese Herausforderung angehen?, frage ich die Spieler)–> Würfel rollen → das Ergebnis wird in das Narrativ eingewoben.
6. Welche erzählte Situationen bringen dich dazu, mehr auf Regeln als Erzählung zu achten?
Situationen, in denen viel auf dem Spiel steht, bringen mich dazu darauf zu achten, den Spielern ihre regeltechnisch-erzählerischen Möglichkeiten vor Augen zu führen, damit sie diese voll ausschöpfen und eine coole Szene erschaffen können. Allerdings würde ich sagen, dass es nicht unbedingt ein ‘mehr’ ist, sondern eher ein ‘intensiver’.
7. Nutzt du für das von dir Erzählte schriftliche Vorlagen, abgesehen von den zugrunde liegenden Regelwerken?
Ja. Es gibt eine rege Community und frei zugängliches Zusatzmaterial, von denen ich mich oft inspirieren lasse.
8. Schauspielerst du regelmäßig in der Rolle eines Nicht-Spieler-Charakters, indem du ihm zum Beispiel eine eigene Stimme, Körperhaltung oder Bewegungsabläufe zugestehst, oder gibst du lediglich beschreibend seine Handlungen wieder?
Ich gebe mir Mühe, mit meiner Stimme zu arbeiten, um Wesen und Emotionen der NSC wiederzugeben, da ich aber aktuell nur online und ohne Kamera spiele, beschreibe ich auch viel individuelle Gesten und Ausdrücke der Mimik der jeweiligen Charaktere.
9. Achtest du während des Leitens auf im Alltag unübliche Sprachverwendung, indem du, beispielsweise, obsolete Begriffe wie „Ihr“ als Anrede verwendest?
Geschieht das auch bei Beschreibungen oder nur infolge dialogischer Charakterdarstellung?
Ich versuche den Hintergrund der NSC jeweils durch unterschiedliche Ausdrucksweise und Aussprache zu verdeutlichen. In den seltensten Fällen wird sich ein Fabrikarbeiter auf die gleiche Weise verständlich machen, wie ein Adeliger. Dies lasse ich in beiden Fällen einfließen.
10. Wie kontrollierst du den Spielablauf im Vergleich zu einem Spieler?
Genau genommen kontrolliere ich da sehr wenig, da es sich wie bereits gesagt um ein Sandbox Spiel handelt. Meine Aufgabe als Spielleitung ist es, die Welt und ihre Reaktionen auf die SC authentisch darzustellen und sowohl Gelegenheit zu präsentieren, welche die Gruppe verfolgen oder auch vollkommen ignorieren kann, als auch aufzugreifen, wenn sich die Gruppe eigene Ziele setzt und sie dabei zu unterstützen. Somit kontrollieren die Spieler viel mehr den Ablauf als ich.
11. Sprichst du beim Leiten gewählter als sonst?
Das ist nicht so einfach zu beantworten. Ich spreche in einem Spiel mit Fremden gewählter, als ich es zum Beispiel unter Freunden pflege, aber nicht gewählter, als in anderen sozialen Kontexten. Wenn ich, wie oben bereits angesprochen, einen Adeligen oder Intellektuellen versuche darzustellen, bemühe ich mich, es gewählter umzusetzen.
12. Wie tief gehen deine Charakterzeichnungen?
So tief wie nötig. Wenn ein NSC fortlaufende Bedeutung für ein Spiel hat, entdecken wir als Gruppe mehr und mehr von dieser Person. Anfangs gibt es ein paar Schlagworte, einen Namen, eine Motivation und ein bevorzugtes Mittel, diese umzusetzen und ein besonderes Interesse. Da die Spieler entscheiden, welche NSC letztlich mehr Bedeutung besitzen sollen, macht es keinen Sinn, irgendeine Persönlichkeit zu Beginn tiefer vorzubereiten.
13. Bemühst du dich um Linearität?
Ich bemühe mich um Authentizität. Es gibt ein oder zwei ‘Weltereignisse’, die sich weiterentwickeln, dabei von den Spielern beeinflusst werden können oder auch die Spieler beeinflussen.
14. Legst du beim Leiten Wert auf vernünftige Entscheidungen und logisches Vorgehen oder eloquentes und rhetorisches Erzählen?
Muss man sich dazwischen entscheiden? ^^’ Wie bereits erwähnt versuche ich die Welt und NSC nachvollziehbar reagieren/handeln zu lassen, möchte auch den Spielfluss erhalten und gebe mir Mühe, die Atmosphäre durch mein Erzählen herauf zu beschwören.
15. Polarisierst du infolge deiner Erzählung gern?
Polarisierende Themen sollten der Erzählung dienen und wenn eine solche Situation in Frage kommt, wird in der Gruppe besprochen, ob sich alle wohl damit fühlen, falls es für das aufkommende Thema nicht bereits während der Session 0 geschah.
16. Wann fühlst du dich als Erzähler?
Bei einem Sandbox Spiel gibt es weniger Gelegenheiten, die ‘klassische’ Spielleitung heraus hängen zu lassen. Und gerade dieses Spiel propagiert die Philosophie, dass die Erzählung in den Händen aller beteiligten liegt. Wenn ich mit den Spielenden gemeinsam coole Ideen finde, dann fühle ich mich als Teil einer Gruppe von Erzählern.