Also da bin ich dann doch bei signifikant höheren Zahlen, auch wenn sich meine Erfahrung sehr mit der von @hexe deckt: die Spieler wissen, dass unbedachtes Handeln lethal enden kann, und planen entsprechend. Vielleicht so im Schnitt ein toter SC pro Jahr, wenn man die Oneshots und geplanten Tode am Kampagnenende abzieht? Natürlich nicht gleichmäßig verteilt sondern mal ein übler Fehler eines einzelnen Spielers und alle paar Jahre mal ein Gruppenwipe.
Ich spiele auch überwiegend Systeme, die eine Reroll-Mechanik beinhalten - ob das nun Edge, Fudgepoints oder sonstwie genannt wird - was sehr hilft, Tode durch unglückliche Würfelwürfe zu minimieren, wenn die Spieler gut planen, wie sie ihre Würfelwiederholungen einsetzen wollen.
Was für mich vielleicht eher ein Punkt ist, ist dass die Spieler typischerweise wissen, warum ihr Charakter gestorben ist. Ich hatte schon Situationen, wo ich quasi eine Spielunterbrechung ausgerufen habe, und den betroffenen Spieler fragte: “Siehst du irgendeine Möglichkeit, wie dein Charakter aus der vertrackten Situation in die du dich hineinmanövriert hast lebendig wieder herauskommt? Ich nämlich nicht, aber ich bin gerne bereit, dir entgegenzukommen, wenn du vernünftige Vorschläge hast.”
Ich habe vor nicht allzu langer Zeit eine über mehrere Jahre laufende Kampagne im Warhammer 40 000 Setting geleitet - da war natürlich fröhliches Morden von Nichtspielercharaktern an der Tagesordnung (und manchmal dazwischen ein bißchen Häresie vertuschen). Obwohl es eine Reihe von Waffen gab, die die Spieler mit einem Treffer töten konnten - Laserkanonen, Raketenwerfer mit panzerbrechenden Raketen, Physik-ignorierende Alienwaffen, … - haben die Möglichkeit von Würfelwiederholungen die Anzahl der Tode von Spielercharaktern extrem niedrig gehalten. Ein Charakter ist gestorben, weil er gänzlich den Zustand seiner Rüstung aus den Augen verloren hat (wurde wiederholt von Säure getroffen) und sich dann am Schluss von wütenden Nahkampf-Aliens umstellt sah. Aber ich persönlich finde, dieser Tod als Konsequenz schwerer taktischer Fehler war notwendig, ansonsten hat es wenig Bedeutung, wenn die Spieler alles richtig machen.
D&D ist in dieser Beziehung natürlich besonders blöd, weil fast alles mit einer Long Rest wieder kuriert werden kann. @Laharl hat sich Eingangs beschwert, dass sein Charakter nach dem ersten Kampf eine Long Rest machen musste, um wieder auf einem sicheren HP-Stand zu sein. Und? Was waren die tatsächlichen Kosten? 5 Silber für die Ration? Wen scherts? Eines der Probleme in der genannten Icewind Dale Kampagne war, dass es eigentlich keinen Grund gab, nicht einfach nach jedem Kampf zu rasten. In so fern ist fast die einzige “Strafkonsequenz” von schlechter taktischer Planung logischerweise eine erhöhte Todeswahrscheinlichkeit. In Systemen, in denen der Charakter sehr viel langsamer heilt, führen Fehler dazu, dass der Charakter länger mit niedrigeren Werten (typischerweise HP oder LE oder wie auch immer das gerade genannt wird) herumläuft, was eine Konsequenz für spätere Kämpfe hat. Da das in D&D nicht funktioniert, bleibt eben nur die erhöhte Lethalität.
In der genannten “Rime of the Frostmaiden” Kampagne erhielten die Spieler bevor ich dazu kam mehrere Diamanten, die zufällig genau je 1000 Gold wert waren weil … oh warte, in D&D ERWARTET wird, dass Charaktere sterben.
Für die alten Hasen gibt es solche D&D Abenteuer wie “Return to the Tomb of Horrors”.
Wenn man die genannte Gruft betritt, verschließt sich der erste Raum und füllt sich mit Wasser oder Giftgas, und wenn man nicht vorher auf dem Friedhof nach dem richtigen Schlüssel gesucht hat, dann stirbt die ganze Gruppe hier. Ein paar Räume weiter hat man entweder einen Kleriker dabei, oder, erneut, die ganze Gruppe stirbt.
Das Abenteuer ist so designed und geplant dass die Gruppe sich vorwärts-stirbt, und sukzessive herausfindet, was für eine Gruppenkonstellation mit welchen Fähigkeiten man benötigt, um weiter zu kommen. Nicht unbedingt, was ich mir unter Rollenspiel vorstellen würde.
Ich zitiere hier Gary Gygax (einen der Hauptentwickler von D&D) von der Wikipedia-Seite zu “Return to the Tomb of Horrors”:
(“Return to the Tomb of Horrors”) “… offers more by far than the old [I]Tomb of Horrors[/I], and it is more deadly too.”
“Deadly” wird hier als positives Adjektiv für eine D&D-Kampagne betrachtet. Der hier vorherrschenden Meinung, das Spielercharaktere lieber nicht all zu häufig sterben sollten, entspricht das offensichtlich nicht. Falls also etwa @Laharl 's Dungeon Master einfach solche offiziellen Abenteuer gewohnt war - wie schon erwähnt, meine Erfahrung auch mit anderen käuflichen D&D-Abenteuern war, dass Lvl 1 SEHR leicht Charaktere mit ein bißchen Würfelpech sterben können, und D&D hat ja keine standarmäßigen Reroll-Mechaniken für alle - wäre für mich sehr nachvollziehbar, dass ihm völlig unverständlich sein könnte, was denn hier das Problem sein soll.
@Laharl hat erwähnt, dass der Drache gegen Ende des Kampfes floh. Also wenn ich einen Drachen habe, selbst einen Wyrmling, und ich spiele ihn entsprechend, würde ich wahrscheinlich entspannt eine Lvl 1 Gruppe wipen. Wenn es sich tatsächlich um einen Adult Dragon handeln sollte - er wurde ja von Laharl als “riesig” beschrieben - dann brauchen wir eigentlich nicht mehr zu würfeln. Ich vermute SEHR stark, dass der DM gewartet hat, bis die Gruppe ordentlich auf’s Maul gekriegt hat, und der Drache dann quasi als Movie-Cutscene “floh”.
Abenteuer gut zu balancen ist nicht einfach, und braucht gute Kenntnis so ziemlich aller Regeln des Systems und ein gerüttelt Maß Arbeit, und das Challenge Rating ist dafür wirklich kaum hilfreich. Offizielle käufliche D&D-Abenteuer sind üblicherweise miserabel gebalanced, und die werden eigentlich von Leuten geschrieben die dafür bezahlt werden, und sich auskennen sollten. Ich persönlich würde einen DM, auch wenn er noch gelegentlich Schwierigkeiten beim Balancing hat, nicht als “schlecht” bezeichnen, wenn er eine gute Kommunikation mit den Spielern hat, Szenen gut beschreiben kann, Konflikte in der Gruppe gut managed, und auf überraschende Änderungen vernünftig eingehen kann. Erzähler zu sein ist ein SEHR fordernder und definitiv nicht einfacher Job.