AW: DSA ist etwas für phantasiearme Leute
Ich sehe das so:
Die Aussage, DSA sei für phantasiearme Spieler, muss mich als DSA-Spieler natürlich treffen und der Instinkt befiehlt, das weit von sich zu weisen. Denn ich betrachte mich nicht als phantasielos.
Jedoch kann ich bis zu einem gewissen Punkt Tufirs Überlegungen nachvollziehen:
DSA mag nicht für phantasielose Spieler geschaffen sein, aber es zeigt Tendenzen. Tendenzen die das Gefühl vermitteln, dass ein Teil der Autoren davon ausgeht, dass es den Spielern an Phatasie mangelt. Und wenn ich so manche Diskussion in der Community betrachte, so kann ich diesen Gedanken nachvollziehen.
Ein Teil der in offiziellen DSA-Foren auftretenden DSA-Spieler scheint bemüht, jedes noch so kleine Detail der Spielwelt mit einer “offiziellen” Linie abzugleichen. Es sind die Spieler, die an strittigen Stellen nie den Satz “Wie machen das so, weil wir es aus folgenden Gründen für schlüssiger halten” über die Lippen bringen, sondern nur “Das geht bei DSA nicht” sagen. Vielleicht liegt diese Tendenz in der Tatsache begründet, dass es bei DSA möglich ist, an der Front der Geschichtsentwicklung mitzuspielen, während man bei anderen Rollenspielen in mehr oder weniger stark ausgearbeiteten Epochen spielt. Mir scheint ein Teil der Spieler von der Angst getrieben, mit eigenständigen Entscheidungen und Abweichungen am nächsten Spieabend nicht mehr in einer zu 100% mit dem Aventurischen Boten übereinstimmenden Welt zu spielen. Vielleicht liegt es aber auch an mangelnder Phantasie dieses Teils der Community.
Wie auch immer - auf Seiten der Autoren scheint man nur zu bereit, dieser Detailverliebtheit nachzukommen und die Spielwelt noch detaillierter auszuarbeiten. Vielleicht ist das wirklich eine Reaktion auf o.g. Spieler, vielleicht liegt es aber auch daran, dass bei DSA-Veröffentlichungen eine recht hohe Publikationsrate herrscht - wobei jede Publikation nicht nur alt Bekanntes wiederkäuen soll, sondern neue Details liefern muss. DSA-Romane (die ja inzwischen je nach Thema auch als Kodex betrachtet werden) erhöhen diese Dichte weiter.
Wie auch immer - diese detailgetreueren Veröffentlichungen führen zu neuen Fragen der Spieler und der Teufelskreis schließt sich. Plötzlich reicht es nicht mehr, dass Herzog X der Region Y mit Namen beschrieben ist und eine kurze Beschreibung hat, plötzlich braucht er Werte und ein psychologisches Profil. Und zurück bleiben Spieler, denen es gereicht hätte zu wissen, dass die Region einen Herzog hat…
Und dieser Teufelskreis hat inzwischen einen Punkt erreicht, an dem mir in der Welt zu viel definiert ist. An der sie den Eindruck erweckt, dass der Spieler, wenn er seine Phantasie nicht benutzen will, nur genügend Publikationen lesen muss.
Und ja, an manchen Tagen geht mir das zu weit und ich sehne mich nach einem Setting, das dieses Problem nicht aufweist.
Aber - und auch das ist schon angeklungen - bisher ist das (noch?) kein unvermeidliches DSA-Problem - wenn Spieler und Meister ihre Phatasie benutzen und z.B. manchmal auch die “offizielle” Setzung links liegen lassen, dann ist DSA nicht phantasielos. Aber wie gesagt - Tendenzen, den Spielern das Denke abzunehmen und alles zu definieren, sind vorhanden.
Und natürlich bringt dieses Abweichen vom offiziellen neue Probleme mit sich - man muss sich auf einen Konsens einigen, was man weglassen kann, ohne dass einer der Beteiligten ein DSA-Feeling vermisst.
Im Prinzip läuft für mich alles in einer Frage zusammen: Wieviel Hintergrundwissen sollten Spieler haben? Es ist unzweifelhaft, dass es ein zu wenig gibt - und es scheint auch ein zu viel zu geben…