Das ist eine absolut legitime Ansicht der D&D-Reihe.
Bitte an alle, dies nicht als Anlass zu nehmen, jetzt in eine "System X ist besser/schlechter weil ..." Diskussion abzugleiten.
Ich sehe Regelsysteme im Allgemeinen halt gerne als "so haben wir Schreiberlinge uns vorgestellt, dass es gespielt werden kann". Es steht mir frei, diese als reine Arbeitsgrundlage zu sehen und den Baukasten nach den Bedürfnissen der Spielgruppe umzugestalten. Nehmen wir D&D in exakt der Form, wie es geschrieben wurde, dann, ja, ist es ein Charakter-Schlachtfest bis Stufe 5, danach ein zunehmendes Wettrüsten zwischen SL und Spielgruppe (das effektiv die SL dominiert, solange sie sich nicht strikt an die vorgefertigten Abenteuer hält sonder eigene vorbereitet).
Das mit den "Sieg- & Niederlagebedingungen" beim Rollenspiel hat mich auch der Stiefvater meiner Exfrau gefragt. Für ihn ist ein Spiel immer ein "A gegen B" oder "jeder gegen jeden" in dem es eindeutige Sieger und eindeutige Verlierer geben muss. Ich bespiele und leite jedoch immer Runden, in denen die gemeinsam erdachte und erzählte Geschichte im Vordergrund steht und wir als Spielrunde (also inklusive SL) eine schöne Zeit zusammen verbringen. Klar, dann könnten wir auch einfach das Regelsystem weglassen. Dieses Element der "Zufälligkeit" gibt aber einen nicht unbeachtlichen Spannungseffekt hinzu, den wir genießen.
Daher meine Definition.
Es gibt eine Idee, wie sich die Schreiberlinge vorgestellt haben, wie ein System genutzt werden sollte, eine Realität, wie ein System im Allgemeinen genutzt wird, und dann als drittes die Frage, wie
genau das System in der spezifischen, aktuellen Gruppe verwendet wird. Mein Punkt war, dass man, vor allem wenn man online nach Runden sucht, durchaus sinnvoll miteinbeziehen kann, was die große Mehrzahl der Spieler erwartet, wenn sie nach einer Gruppe suchen. Man kann, als Beispiel, natürlich nach einer Vampire - The Masquerade Runde suchen, in der Sexualität und Erotik nicht im geringsten auftauchen, wirklich erfolgversprechend ist es aber weniger.
Ich vertrete die Meinung, dass es nicht genau
eine richtige Art gibt, Rollenspiel zu betreiben, sondern sehr viele verschiedene, und man muss halt schauen, was für die Gruppe passt - eben etwa von stark kampffokussierten Mörderrunden bis zu psychoanalytischen Selbsterfahrungen. Systeme können den gewählten Spielstil unterstützen oder eher behindern, aber man kann wohl mit fast jedem System auf fast jede Weise spielen. 90% der Regeln von D&D beziehen sich auf Kampf, also ist nicht gerade überraschend, dass das auch das ist, worüber die meisten Spieler nachdenken. Es gibt kaum Regeln oder Text in D&D-Büchern bezüglich sozialer Interaktion, Behandlung von Verletzungen, Überleben unter widrigen Umweltbedingungen, wissenschaftliche Recherche oder sonst irgend etwas außer eben wie man sich gegenseitig umbringt. Hinzu kommt, dass auch die vorgefertigten, im Kauf erhältlichen Abenteuer geplant sind als "Gruppe geht hierhin, ermordet diese Leute, plündert, geht dann dahin, ermordet jene Leute" ... und so fort in Wiederholung. Mein Punkt war einfach, dass man die Suche nach gleichgesinnten Mitspielern und Erzählern erleichtern kann, indem man sich auf Systeme konzentriert, die auch gute Regeln für das haben, was einen interessiert.
Das Argument von
@Screw 's Stiefvater gilt nur für sogenannte Nullsummenspiele - in einem Nicht-Nullsummenspiel kann es absolut möglich sein, eine Lösung zu finden, bei der ALLE gewinnen. Aber damit ein Sieg möglich sein kann, muss auch das Gegenteil des Sieges, also eine Niederlage, möglich sein. Das ist keine Vorraussetzung für gutes Rollenspiel - etwa in einer atmosphärischen Erkundungskampagne kann es einfach nur Erfahrungen geben, ohne das eine Möglichkeit für Sieg ODER Niederlage gegeben wäre. Bei Computerspielen nennt man so etwas gerne "Walking Simulator".
Wie bereits geschrieben ist der Tod nicht unbedingt die beste "Niederlagenbedingung" - D&D und die meisten anderen Rollenspielsysteme sind aber darauf ausgelegt. Und ich kann dir versichern, dass die Spannung im Kampf enorm steigt wenn die Spieler wissen, dass ihre Charaktere, wenn sie sich ungeschickt anstellen, absolut das Zeitliche segnen könnten. Ohne das würde ich persönlich Kämpfe lieber überspringen: wenn mein Sieg garantiert ist, und klar, dass ich nicht verlieren kann, wozu dann noch würfeln? Habe ich als Erzähler auch durchaus schon gemacht: wenn die Gegner so schwach sind, dass sie keine Herausforderung für die Spieler darstellen, beschreibe ich einfach kurz, wie die Spieler gewinnen, und dann gehen wir zu interessanteren Dingen über.
Ich habe jetzt etwa 35 Jahre Rollenspielerfahrung und bisher kaum Charaktertode erlebt. Nicht einmal 10 an der Zahl.
Ich habe den Eindruck, du hast bisher einfach radikale Leute erwischt.
Ich vermute, du zählst hier nur Charaktertode von Spielercharakteren, oder?
Ich habe eine Reihe von Abenteuern geleitet, in denen absolut niemand gestorben ist und es auch keinen Kampf gab, und sie sind im Allgemeinen sehr gut angekommen. Derzeit leite ich eine Star Trek Kampagne, in welcher wenig überraschenderweise kaum gekämpft und gemordet wird, sondern es um Erkundung und Diplomatie geht (und das optimale Endziel wäre: "Wir werden alle Freunde und gewinnen am Ende alle, weil es einfach keine Gegner mehr gibt."). Aber eine so geringe Anzahl an Kämpfen wäre dann wohl mir und sicher auch meinen Spielern etwas zu wenig gewesen. Manchmal möchte man doch nach einer anstrengenden Woche einfach mit einer großen Streitaxt die Gesamtbevölkerung etwas reduzieren.
Ganz einfach: Es war ein Feind.
Die sind zum töten da.
Eine ... in meinen Augen eigenwillige Ansicht. Allerdings wohl durchaus konform mit der D&D-Ansicht, wofür ja auch ursprünglich die "Gesinnungen" oder "Alignments" da waren. Hatte nichts mit Rollenspiel zu tun, sondern sollte für's IFF dienen: wen darf ich abschlachten, und wen nicht?
Andere mögliche Ansichten wären:
- Meine Star Trek Kampagne: "Es ist ein Feind. Ich sollte versuchen, mit ihm zu reden, und herauszufinden, warum er tut, was er tut, und versuchen, ihn diplomatisch davon zu überzeugen mein Freund zu werden."
- Vampire - The Masquerade: "Es ist ein Feind. Ich sollte Möglichkeiten suchen, ihn als Sündenbock oder als Ablenkung zu benutzen, damit ich meine Ziele besser erreichen kann."
- Call of Cthulhu: "Es ist ein Feind. Ich sollte vor ihm fliehen."
Wenn das einzige was dir zu "Opponent" einfällt, "Töten!" ist, wie kommt es dann, dass du überrascht bist, wenn in deiner Spielerrunde recht rückhaltlos gemordet wird?
Nur als Beispiel: ich habe in einer D&D-Runde letzlich erfolgreich darum gekämpft einen gefangenen Dunkelzwerg am Leben und letztlich frei zu lassen, und ihm am Ende noch ein paar meiner Rationen und eines meiner Messer gegeben, damit er eine reale Chance hat, wieder nach Hause zu kommen. Warum? Weil ich wollte, dass er herumerzählt, dass, wer sich unserer Gruppe ergibt, auch wirklich gute Chancen hat, zu überleben (jedenfalls SEHR viel mehr als bis zum Ende gegen unseren Barbaren zu kämpfen), und dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Dunkelzwerge sich in Zukunft schneller ergeben. (Und außerdem ist für den "Suggestion"-Zauber ein plausibler, nicht suizidaler Befehl vonnöten - so kann ich "Ergib dich und gib mir deine Waffen!" durchaus nutzen, was einen Kampf SEHR schnell drehen kann, wenn ich mit Lvl 2 Spells ohne Concentration einige der stärkeren Opponenten einfach aus dem Kampf nehmen kann.)
DIESER Feind war für mich definitiv nicht zum töten da.